Beirut als Traumdestination für einen Mittelstrecken-Kurztrip? Keineswegs so abwegig, wie es klingt: Luxushotellerie, Kultur und Gastronomie auf Weltniveau und eine legendäre Gastkultur wie aus 1001 Nacht machen das „Paris des Nahen Ostens“ zu einem echten Geheimtipp für anspruchsvolle Reisende – gerade einmal dreieinhalb Flugstunden von Frankfurt entfernt.
Einchecken ins Phoenicia Hotel
Ursprünglich 1961 als Pan Am Intercontinental eröffnet, von mehreren Kriegen und Anschlägen in Mitleidenschaft gezogen und zuletzt 2011 zu seinem 50-jährigen Bestehen aufwändig modernisiert, darf das Phoenicia Hotel Beirut in der Rue Fakhreddine heute mit Fug und Recht wieder als eine der ersten Adressen im Nahen Osten bezeichnet werden. Erbaut und bis heute geprägt von der Eigner-Familie Salha, wird das geschichtsträchtige Haus von seiner deutschen General Managerin auf höchstem Niveau geführt und kann auch den verwöhnten Gast in jeder Hinsicht begeistern. Mit seinem exzellenten Service, seinen umfangreichen Facilitys und seiner ausgezeichneten Küche macht das Phoenicia auch die Tatsache wett, dass die Einrichtung auf den ersten Blick doch sehr an den typischen Ritz-Carlton-Stil erinnert. Einen ausführlichen Bericht über dieses traditionsreiche Haus finden Sie hier.
Ausflug in die alte Kultur
Wer befürchtet, dass ein westlicher Reisender mit seinen Interessen und Lifestyle-Ansprüchen in Beirut ins Leere läuft, irrt gewaltig: Meine anfängliche Skepsis löste sich sehr schnell in Luft auf. Die Kunst- und Kulturszene, das Essen, das Nachtleben und auch die Konsummöglichkeiten in der libanesischen Hauptstadt können es durchaus mit New York, London oder Paris aufnehmen. Beirut ist die Stadt, in der der Nahe Osten Party macht, lautet ein geflügeltes Wort – und ich kann das vollauf bestätigen. Hinzu kommen einzigartige geografische Bedingungen: Wer es darauf anlegt, kann im Libanon vormittags am Stand liegen und nachmittags Skifahren.
Mein Tipp ist – spätestens am zweiten Tag – gleich morgens vor der größten Hitze die Stadt zu verlassen und die antike Kreuzfahrer-Stadt Byblos zu besuchen. Meine Autofahrt zur Hafenstadt an der Mittelmeerküste hat nur 45 Minuten gedauert. Dieser Weg hat sich allemal gelohnt: Stressfrei und am Vormittag auch noch nicht von allzu vielen Touristen umzingelt konnte ich hier eine der ältesten permanenten Siedlungen der Menschheit erkunden und wandeln, wo schon die Pharaonen Handel trieben. Der Name der Stadt geht übrigens auf den griechischen Begriff „biblion“ für die Papyrusrolle zurück – dasselbe Wort, dem auch die Bibel ihren Namen verdankt.
Einen ausgezeichneten Lunch bietet in Byblos das Babel Bahr. Schon die Anfahrt zum Restaurant mit dem Boot ist spektakulär genug für einen Bond-Film: Ich kam mir vor wie der Agent ihrer Majestät persönlich, als das Boot am Steg unter den Felsen anlegte. In atemberaubender Kulisse unter einem alten Leuchtturm gelegen werden im Babel Bahr libanesische Spezialitäten serviert. Vor allem die Meeresfrüchte haben Top-Niveau, und auch der Service ist ausgezeichnet, herzlich, zuvorkommend – wie man es von einer jahrtausendealten Gastkultur erwarten würde. Ideal auch für ein aufregendes Date – die bessere Hälfte wird zweifellos beeindruckt sein.
Stadtbummel von der Küstenstraße nach Downtown
Einen entspannten Stadtbummel durch Beirut am Nachmittag (oder in ausgedehnterer Form am ersten Tag, falls Sie den Byblos-Trip verschieben) beginnen Sie am besten entlang der malerischen, aber auch lebhaften und wuseligen Küstenpromenade. Sie liegt praktisch direkt vor der Haustür, wenn Sie vom Phoenicia aus starten. Der Yachthafen in der Zaitunai Bay bietet eine ideale Kulisse für eindrucksvolle Selfies. Nach einem Spaziergang entlang der Waterfront habe ich mich in südlicher Richtung auf den Weg in Richtung Downtown Beirut gemacht, dem Herz der Innenstadt. Ich empfehle Ihnen in der gleichen Reihenfolge vorzugehen, denn auf dieser Tour habe ich mich gefühlt wie ein Zeitreisender, der mit jedem Schritt zwischen Antike und moderner Metropole hin- und her teleportiert wird. In Downtown finden Sie alles, was Shoppingsüchtige begehren – von den großen internationalen Marken bis hin zu regionalem Kunsthandwerk.
Ein besonderes kulturelles Erlebnis ist der Besuch des Beit Beirut – Museum and Urban Cultural Center weiter südlich im Stadtteil Sodeco. Beim Anblick der Fassade hielt ich das Gebäude auf den ersten Blick für eine Ruine. Die diversen Libanon-Kriege haben hier deutliche Spuren hinterlassen. Doch im Inneren überraschte mich eine hochmoderne Ausstellung regionaler Künstler und Wissenschaftler, die faszinierende Einblicke in die wechselvolle Geschichte der Stadt erlauben.
Der Kontrast von Opulenz und Zerstörung ist typisch für das moderne Beirut. Die Bewohner haben den Krieg überwunden, die Stadt boomt – doch die Schatten der alten und jüngeren Vergangenheit sind überall präsent. Allein dieser spannende Kontrast wäre für mich schon Grund genug für einen Besuch gewesen.
Wellness im Spa des Phoenicia
Nach so viel Stadtleben bot mir das Phoenicia Hotel am späten Nachmittag eine willkommene Oase der Ruhe: Zeit für ein bisschen Wellness. Der riesige Spa- und Fitness-Bereich ist einer der besten, die ich je gesehen habe. Die Ausstattung des Fitnessbereichs macht selbst den besten Studios Konkurrenz, und die Betreuung ist vom Feinsten.
Am Spa-Angebot hat mich besonders die Authentizität der einzelnen Angebote begeistert: die indische Massage wird von einer Inderin durchgeführt, unter deren fachkundigen Händen ich mich hervorragend entspannen konnte. Die arabische Massage übernehmen auch tatsächlich arabische Therapeuten, und die balinesische zwei Balinesinnen. Ich habe mir letztere gegönnt und die wahrscheinlich beste balinesische Massage meines Lebens bekommen – einschließlich derer, die ich in Bali hatte. Den beiden gelang es mit ihrer Einfühlsamkeit, mich mental wie körperlich in mein geliebtes Ubud zu entführen – und genau das zeichnet exzellente Wellness-Angebote für mich aus. Hier herrscht großer Respekt nicht nur vor dem Gast, sondern auch vor dem kulturellen Ursprung und dem professionellen Anspruch der einzelnen Therapieschulen.
Auch Maniküre und Pediküre sind fantastisch – schnell, mit hervorragender Beratung und ausgesprochen herzlicher Betreuung. Ganz nebenbei brieft mich die Mitarbeiterin auf meine Nachfrage auch noch zu den Spezialitäten des Restaurants und den Sehenswürdigkeiten in Beirut, die ich keinesfalls verpassen darf. Eine beeindruckende Gasterfahrung gerade auch für jemanden, der zum ersten Mal in der Stadt ist.
Dinner im Sydney’s
Die beste internationale Küche der Stadt bietet Sydney’s Club Bar & Restaurant. Gelegen im Vendôme, einem Boutiquehotel-Ableger des Phoenicia, liegt es nur drei Gehminuten von der Rue Fakhreddine in der Minet el Hosn direkt am Wasser. Im obersten Stockwerk unter einer beeindruckenden Panorama-Glaskuppel speist es sich mit Meerblick gleich doppelt so gut; ich habe mich pudelwohl gefühlt. Das Vendôme ist abhängig von Ihren Vorlieben eine bezaubernde Alternative zum Phoenicia: Wer die Intimität und Verspieltheit eines kleinen, luxuriösen Boutique-Hotels dem mondänen, aber immer auch etwas öffentlicheren Flair eines großen Grand Hotels vorzieht, ist hier bestens aufgehoben. Auf die Annehmlichkeiten wie den Spa des Phoenicia müssen Sie übrigens auch als Gast des Vendôme nicht verzichten, da die beiden Häuser zusammengehören.
Doch zurück zum Sydney’s: Chefkoch Rabih Fouany, der zuvor auch im Phoenicia tätig war, ist Mitglied der L’Academie culinaire de France. Er serviert moderne, mediterran inspirierte Küche mit einem Schuss nouvelle cuisine. Besonders das Wagyu Beef vom Holzkohlegrill und die (regionaltypisch umfangreiche) Dessertkarte haben es mir angetan. Auch die Getränkeauswahl hat es buchstäblich in sich – vom exzellent ausgewählten schottischen Malt Whisky bis zum seltenen Cognac für Kenner.
Das Sydney’s ist gleichzeitig eine Club Bar. Mit dem einen oder anderen Gläschen können Sie den Abend hier vor der Kulisse des Sonnenuntergangs über der Küstenlinie ausklingen lassen. Ich habe mich am ersten Abend dafür entschieden und habe es nicht bereut. Nachteulen bietet die Location aber auch einen idealen Ausgangspunkt für das reiche Beiruter Nachtleben. Einige der beliebtesten Clubs der Stadt wie das Seven Sisters oder das O1NE Beirut liegen gleich um die Ecke an der Waterfront.