Stuttgart wartet noch immer auf ein sehr gutes Hotel. Unser Autor muss feststellen, dass sich mit Ausnahmen zweier Vier-Sterne-Hotels Mittelmaß in der Stadt breitmacht. Da macht auch das Hilton Garden Inn Stuttgart Neckarpark leider keine Ausnahme.
Ein neues Haus, das dann in Nachfolge des Althoff Hotels am Schlossgarten von der MHP-Gruppe geführt wird, soll bald eröffnen – bis dahin muss man sich in Stuttgart behelfen. Ich behelfe mir diesmal mit dem “Hilton Garden Inn”, das gleich neben dem Stadion des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart liegt. Hilton ist eine US-amerikanische Hotelgruppe, die seit Jahrzehnten international agiert und über viele Jahre in der Luxushotellerie Marktführer war (Conrad Hotels, Waldorf Astoria et cetera), was die Qualität der Serviceleistung betrifft.
Der Lieblingssatz der Hiltons “Der Erfolg eines Hotels ist bestimmt durch die Lage, Lage, Lage” haut hier ob der Nähe zu einem Fußballstadion eher im negativen Sinne hin – und man versteht als Konsument auch nicht die Undifferenziertheit der Marke. Natürlich ist die Hilton-Tochter Garden Inn eher in der mittleren bis gehobenen Kategorie angesiedelt – aber wo Hilton draufsteht, sollte eigentlich auch Hilton drin sein.
Betonwüste rund um das Haus
Und was will man eigentlich mit “Garden Inn” implizieren? Dass das Hotel einen Garten hat oder zumindest in einem Garten liegt? Um das Haus herum findet sich lediglich eine Betonwüste. Nach meinem 36-stündigen Aufenthalt ist mir allerdings klar, dass “Garden Inn” eigentlich nur für eine abgeschwächte Form der Hilton-Serviceleistung steht, die insgesamt auch noch sehr lieblos an den Gast gebracht wird.
Ich war zu einer Veranstaltung eingeladen, der Service war hier tatsächlich in Ordnung und das Essen, was man landläufig als “okay” bezeichnet. Doch beispielhaft ist, dass ich während der gesamten 36 Stunden keinen einzigen Manager des Hauses gesehen habe. Vielleicht waren ja welche da – doch haben sie eben keinen Gastkontakt gesucht. Schade, dass ein solches Haus, das ja immerhin zur legendären Hilton-Gruppe gehört, sich so wenig um seine Gäste kümmert.
Schon beim Check-in kommt mir das Haus irgendwie schmuddelig vor, einschließlich manchen Kleidungsstücks der Empfangsmitarbeiter. Und genau so geht es auf den Fluren weiter. Überall sind Macken und angeschlagene Wände zu sehen. Eine US-amerikanische Untersuchung besagt, dass Gäste solche Dinge wie auch technische Probleme als Schmutz wahrnehmen. Im Zimmer geht es weiter: Die Klimaanlage funktioniert nicht, es müffelt und als ich das Fenster öffnen will, sehe ich leere Bierflaschen, die bestimmt schon länger dort liegen, und eine Zigarettenkippe. Kaum etwas sieht hier so aus, wie man es sich wünscht. Von Reinheit kann nicht die Rede sein.
Auch das WLAN-System funktioniert alles andere als einfach. In den meisten Hotels ist man mit einem Klick verbunden, hier muss man alles Mögliche ausfüllen. Die Rezeption erklärt mir, dass man einen Code eingeben muss – aber wenn man das doch weiß, kann man ihn dem Gast doch direkt beim Check-in überreichen. Auch ein typisches Beispiel dafür, dass hier die Prozesse eher dem Hotel und nicht dem Gast dienen.
Kaffee ohne Tablet und Wasser
Als ich morgens den Roomservice anrufe, um einen Kaffee zu bestellen, geht niemand ans Telefon. Ich rufe dann die Rezeption an, die mich wenig freundlich darauf hinweist, dass das aber fünf Euro Roomservice Charge koste. Meinen Kaffee erhalte ich dann in relativ kurzer Zeit – ohne ein Tablett. Einfach nur lieblos.
Während meines Aufenthalts sind auch einige der weltbesten Tennisspielerinnen im Hotel, die beim Porsche Cup auftreten. Ein eminent wichtiges Event für die Region und natürlich auch für die Marke Hilton. Dass in den Gängen überall Obst und Wasser für die Spielerinnen zur Verfügung steht, finde ich gut. Aber die Art und Weise der Präsentation lässt zu wünschen übrig. Einfach nur Kisten mit Wasser hinzustellen, reicht sicher nicht. Was die Spielerinnen wohl über die deutsche Gastfreundschaft denken mögen? Hilton tut uns Deutschen jedenfalls keinen Gefallen mit der Art und Weise, wie die Gruppe hier den Servicegedanken lebt.
Ich bin fest davon überzeugt, dass der Service in einem Drei-Sterne-Hotel genauso exzellent sein muss wie in einem Fünf-Sterne-Hotel. Der Unterschied liegt für mich lediglich in der Quantität der Serviceleistung; er darf also nie in der Qualität liegen. Natürlich gibt es in einem Drei-Sterne-Hotel in aller Regel keinen Schuhputzservice und auch keinen 24-Stunden-Roomservice. Aber wenn es dann zum Beispiel einen Roomservice gibt – warum sollte der dann schlechter sein als in einem Fünf-Sterne-Hotel?
Den Servicegedanken nicht verinnerlicht
Für Stuttgart kann man nur hoffen, dass es bald wieder bessere Hotels in der Stadt geben wird. Es müssen ja noch nicht mal Fünf-Sterne-Häuser sein – aber sie sollten zumindest den Servicegedanken verinnerlicht haben, den auch Hilton einst hatte. Dann blieben den Gästen auch Enttäuschungen wie im “Hilton Garden Inn Stuttgart Neckarpark” erspart.
Land: Deutschland
Region: Süddeutschland (Baden-Württemberg)
Zielflughafen: Stuttgart
Transfermittel: Auto oder Bahn
Transferzeit: 30 Minuten mit dem Auto
Zimmerpreis pro Nacht: Circa 235 bis 745 Euro
Raths Reise-Rating (aktuelle Wertung gefettet):
1. Ganz großes Kino
2. Wenn’s nur immer so wäre
3. Hohes Niveau, mit ein paar wenigen Schwächen
4. So lala, nicht oh, là, là
5. Besser als im Hostel
6. Ausdrückliche Reisewarnung
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