Thailändische Restaurants hatten unter Feinschmeckern in Europa lange Zeit keinen guten Ruf: mindere Qualität, zu ähnlich, zu wenig authentisch verglichen mit den gehobenen Restaurants in Thailand. Der große Thai-Trend ist zwar abgeebbt, doch dafür gibt es inzwischen vermehrt auch richtig gute Restaurants, die sich von den Standard-Angeboten abheben. Eines davon ist das Patara Fine Thai Cuisine in Wien.
Das Konzept: Typisch Thai, aber nicht typisch Thai-Restaurant
Thai-Restaurants haben unter Feinschmeckern einen schweren Stand – in Westeuropa, jedenfalls. Zu viele immer gleiche und qualitativ halbgare Thai-Restaurants hat der große Thai Food-Trend in den 2000ern hervorgebracht und zu viele generische „Asia-Restaurants“, die im Zweifel von Chinesisch über Vietnamesisch bis hin zu Thailändisch alles kochen, aber nichts richtig, sind auf den Trend aufgesprungen.
Seit Ernährung ein großes Trendthema ist, haben jedoch auch viele Restaurantkategorien einen Qualitätssprung gemacht. Die anhaltende Beliebtheit der verschiedenen asiatischen Küchen generell hat dafür gesorgt, dass es inzwischen auch unter den Thai-Restaurants verschieden spezialisierte Angebote und immer mehr qualitativ ambitionierte Restaurants gibt – bis hin zu veganen Thais und Thai-Fusion auf Sterneniveau.
Das Patara gehört zu einem Verbund von zehn Restaurants. Eigentlich bin ich kein Freund von Kettenrestaurants, doch hier spürt man davon nichts. Das Angebot ist umfangreich: Geboten wird die komplette Breite der thailändischen Küche – jedoch auf einem höheren Niveau als beim Standard-Thailänder, den es seit 20 Jahren an jeder Ecke gibt. Einem viel höheren, genau genommen: Das Patara, das sich als Fine Thai Cuisine bezeichnet, hat sich 14 Punkte im Gault Millault erkocht. Das ist besonders für die lange Zeit international sträflich unterschätzte Thai-Küche eine echte Leistung.
Die Location: Prominente Lage mit schönem Blick auf den Petersplatz
Das Patara liegt sehr prominent mitten in der Wiener Innenstadt nur drei Gehminuten vom Stephansdom entfernt am Petersplatz.
Die Einrichtung ist typisch Thai – aber eben nicht typisch Asia-Bude, sondern wirklich typisch thailändisch. Die aufwändige, vergleichsweise hochwertige Dekoration mit ihren intensiven Farben, vielen Spiegeln und typischen Devotionalien erinnert mich tatsächlich an Restaurants in Bangkok, wo ich seit den frühen Neunzigerjahren regelmäßig bin: eine schicke, moderne Übersetzung des traditionellen thailändischen Ambientes.
Dasselbe liebevolle, blüten- und farbenverliebte Bild bietet sich auf den Tellern, die ich an den Nebentischen ankommen sehe – auch die könnte ich so in Thailand serviert bekommen. Ich bin optimistisch.
Die Qualität: Dinner à la carte im Test
Um die Qualität ausländischer Spezialitäten-Restaurants einzuschätzen gibt es bekanntermaßen einen einfachen Trick: das Publikum anschauen. Je mehr Gäste aus dem Herkunftsland des Essens stammen, desto besser. Und im Patara bin ich – neben Laufkundschaft und den unvermeidlichen Pattaya-Urlaubern fortgeschrittenen Alters – von vielen Thailändern umgeben. Hinzu kommt, dass das Restaurant an diesem Donnerstagabend im Hochsommer rappelvoll ist. Die Erwartungshaltung wächst.
Die Karte stimmt mich fröhlich: Die Bilder der Gerichte sind so ästhetisch fotografiert, wie ich es noch in keinem anderen Thai-Restaurant im deutschsprachigen Raum gesehen habe. Da läuft mir zur besten Dinner-Zeit glatt das Wasser im Munde zusammen.
Und zu meiner großen Freude kann das Essen die Erwartungen einlösen. Beide Vorspeisen, die ich probiere, schmecken ausgezeichnet: eine traditionelle, angenehm leichte Suppe auf Kokosbasis mit Huhn und Pilzen, traditionell gewürzt mit Fischsoße und Zitronengras und ein typisch säuerlich angemachtes Carpaccio mit Limetten-Chili-Dressing, das durch Lachskaviar einen besonderen Kick erhält.
Auch zwei Hauptgänge lasse ich mir auf der Zunge zergehen: ein typisches grünes Curry auf Hühnerbrust mit Chili und Thai-Basilikum und den gebackenen Wolfsbarsch im knusprigen Tempura-Teig mit einer würzigen Chili- und Tamarindpasta. Die leicht säuerliche Tamarinde ist, wie mir der hervorragend informierte Kellner erklärt, vor allem im Norden Thailands durch ihre leicht süßliche Säure ein beliebtes Aroma. Das Curry ist traditionell gehalten und so, wie es sein soll: scharf, intensiv, farbenfroh. Der Wolfsbarsch ist knackig, mit einer tollen Balance aus Säure und Süße und neben der wunderbaren Würzung auch auf den Punkt gegart. Das Fusion-Element des eher in Japan beheimateten Tempura-Teigs ist eine willkommene Überraschung, die sich hervorragend auch mit der würzigen Pasta verbindet.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis: Überraschend günstige Qualität
Am Preis-Leistungsverhältnis gibt es nichts auszusetzen: Die Preise sind zwar Wien-typisch nicht bescheiden, dafür gibt es aber auch hervorragende Qualität. In vergleichbar hochwertigen europäischen Küchen bekomme ich zudem selten derart üppige, fast schon zu große Portionen.
Die Vorspeisen liegen zwischen 12 und 18 Euro, Hauptspeisen zwischen 22 und 26 Euro. Das absolut empfehlenswerte Vier-Gänge-Menü (ab zwei Personen erhältlich) kostet 74 Euro pro Person, die passende Weinbegleitung 24,50 Euro.
Ich bezahle am Ende für zwei Personen mit jeweils unterschiedlichen Vorspeisen, Hauptspeisen, Desserts und alkoholfreien Getränken überschaubare 131,50 Euro – und bin damit in jeder Hinsicht zufrieden.
Der Service: Charmant und bestens informiert
Unser Kellner ist an diesem Abend die größte Überraschung: Er spricht bestes Wienerisch und kümmert sich mit einer gehörigen Dosis Charme und Schmäh um uns – ein durchgehend angenehmes Gasterlebnis. Zu unserer Verblüffung stellt sich jedoch heraus, dass er tatsächlich aus Thailand stammt. Das erklärt seine enorme Sachkenntnis nicht nur über die Gerichte, die er uns serviert, sondern auch über den Kontext der thailändischen Küche und die einzelnen Zutaten.
Viel besser kann man das nicht machen – im Service hat das Patara die Höchstwertung verdient.
Das Fazit: Die Kalorien wert?
Das Patara Fine Thai Cuisine setzt sich schon mit seinem Namen einen hohen Anspruch. In Kombination mit der Gault-Millau-Wertung und den Vergleichsmöglichkeiten zahlreicher hervorragender Restaurants in Bangkok im Hinterkopf bin ich mit hohen Erwartungen in den Abend gegangen. Und sie wurden nicht enttäuscht. Das Patara serviert authentische, traditionelle Gerichte in modernen, attraktiven Interpretationen. Die Qualität der Zutaten ist hervorragend, der Service glänzend. Der einzige Nachteil ist, dass es in einem so beliebten Restaurant doch recht lebhaft zugeht, wenn der Laden voll ist – und das ist er aufgrund seines guten Rufs sehr häufig. Aus unternehmerischer Sicht ist jedoch nachvollziehbar, dass die Tische vor allem auf dem Freisitz im Hochsommer recht eng stehen. Das Patara transportiert mich an diesem warmen Wiener Sommerabend erfolgreich in eines meiner liebsten Urlaubsländer – ein unerwartetes 5-Sterne-Erlebnis!
Die Wertung auf der Travelgrand-Skala: 5/6 höchst aromatische Tamarinden plus.
#Wertung
Die Bewertung erfolgt nach subjektiven und zugleich professionellen Gesichtspunkten aus meiner Perspektive als langjähriger Branchen-Insider anhand des Net Promoter Score auf einer Skala von 1 (unwahrscheinlich, dass ich das Unternehmen einem Freund oder Kollegen empfehlen würde) bis 10 (äußerst wahrscheinlich).