Das italienische Restaurant Hugo’s am Promenadeplatz gehört seit vielen Jahren zu den Lieblingsorten der Münchener Society. Leider können Küche und Service bei meinem Besuch mit dem glamourösen Image ganz und gar nicht mithalten.
Das Konzept: Holzhütte in schick
Das H‘ugo’s versteht sich als „Pizza-Bar-Lounge“. Doch das sind technische Spitzfindigkeiten: Eigentlich ist das H’ugo’s ein Society-Hotspot. Seit vielen Jahren ist das ausladende Lokal am Promenadeplatz einer der beliebtesten Münchener Treffpunkte um zu sehen und gesehen zu werden. Dass neben den Partys in diesem Lokal auch die Trüffelpizza legendär sein soll, wen kümmert’s: Hier gibt es wichtigeres als Essen.
Wenn ein solches Image nicht einfach erklärt wurde, sondern über die Jahre gewachsen ist, dann ist es aus unternehmerischer Sicht mehr als nachvollziehbar, wenn der Inhaber damit kokettiert. Und das ist beim H’ugo’s der Fall: Wer in der Münchener Society verkehrt, der kennt auch diesen Treffpunkt. Soweit, so gut.
Früher einmal war das H’ugo’s mehr oder weniger ein Zelt mit Tischen – ich kann mich noch gut an meine ersten Besuche erinnern. Heute ist es eine feste Räumlichkeit mit einem recht eleganten Eingangsbereich und seit wenigen Monaten auch einer eigenen Wein- und Champagner-Bar. Das Interieur-Konzept ist allerdings nicht mehr ganz taufrisch: Holzhütte in schick mit Brokatstühlen und LED-hinterleuchtetem Bartresen ist schon länger nichts Neues mehr. Auch das Aquarium zwischen den hochprozentigeren Flüssigkeiten drumherum ist keine wirklich revolutionäre Idee. Dennoch: Im Vergleich zu seinen Anfangszeiten größer und schöner geworden ist das H’ugo’s allemal.
Die Location: Am Puls der Münchener Society
Zur Location gibt es herzlich wenig zu sagen: Direkt am Promenadeplatz ist praktisch die beste Lage, die ein gastronomisches Angebot in München haben kann. Hier treffen die Spieler des FC Bayern München auf München-Besucher vom Land, die sich beim Besuch am Wochenende etwas gönnen wollen. Eine Institution eben, die weit und breit jeder kennt – mit allen Vor- und Nachteilen.
Das Trailer-Video auf der Website inszeniert das Restaurant als großen VIP-Zirkus. Die Realität bei meinem Besuch an einem Samstagabend, wohlgemerkt während der Münchener Filmfestspiele, sieht weniger glamourös aus: Die Tische stehen eng beieinander, der Raum wurde auf schon fast unangenehme Weise effizient genutzt, und das Ambiente hat insgesamt etwas von Großraumgastronomie.
Allerdings bietet das Restaurant viel variabel nutzbare Fläche und eine moderne technische Infrastruktur, was bei einem Event-lastigen Lokal natürlich Sinn macht. Hier liegt möglicherweise der Grund für das ansonsten wenig aufregende und auch nicht mehr taufrische Interior-Konzept: allzu viel fest verbaute Deko und ein unflexibel festgelegtes Designkonzept würde die Wandelbarkeit für großangelegte Events mit eigenem Konzept einschränken. Nur Gemütlichkeit kommt bei mir in diesem Ambiente überhaupt nicht auf.
Die Qualität: Dinner à la carte im Test
Essen gibt es im H’ugo’s übrigens tatsächlich auch. Ich muss gestehen: Die legendäre Trüffel-Pizza, die ich in der Hand des Kellners vorbeilaufen sehe, hatte ich mir doch etwas attraktiver vorgestellt. Ein wenig sieht sie aus, als hätte man eine Margherita von Pizza Hut geholt und ein paar Scheiben Aktivkohle drübergestreut. Auch das Rinder-Carpaccio haut optisch sicher keinen Gourmet vom Hocker. Die Pasta-Gerichte sind positiv betrachtet unprätentiös, realistisch betrachtet ganz einfach faul angerichtet.
Ich speise an diesem Samstagabend an der Bar. Als Vorspeise wähle ich einen vom Kellner als wunderbar angepriesenen Mozzarella mit dreierlei Tomaten. Was ich angesichts des Images des Restaurants erwarte, ist ein cremiger Büffelmozzarella, vielleicht mit roten, gelben und grünen Tomatenvarianten. Was ich bekomme, ist ein Großmarkt-Standardmozzarella, der genauso hart ist wie die Tomaten – nur zwei davon übrigens, und beide rot. Die Schalotten als Garnitur sind so grob geschnitten, dass man noch zwei Tage später etwas davon hat. Und das Balsamico-Dressing ist, ich kann es nicht anders beschreiben, industriell.
Da ich mich einer ganzen Trüffelpizza nicht gewachsen fühle, nehme ich stattdessen eine Trüffelpasta. Die ist absolut genießbar, aber alles andere als begeisternd. Sie sieht langweilig aus, die Spaghetti sind nur noch gerade so al dente, und abgesehen von den mittelmäßigen Trüffeln hat das Gericht absolut nichts zu bieten, das mich zum Wiederholungstäter werden lassen könnte. Jeder Hobbykoch mit einer Flasche Trüffelöl zu Hause und ein paar Gläsern Chianti hinter der Binde kriegt das genauso gut hin.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis: Noch das geringste Problem
Am Preis-Leistungs-Verhältnis will ich gar nicht lange herumkritteln: Natürlich könnte ich einen Mozzarella dieser Qualität anderswo auch für 6 oder 7 Euro essen, während er hier 12 Euro kostet. Dass das Preis-Leistungs-Verhältnis an einem stadtbekannten High-Society-Treffpunkt nicht ideal ist, wird aber niemanden überraschen und ist für mich auch nachvollziehbar.
Und teuer, im eigentlichen Sinne des Wortes, ist das H’ugo’s auch wieder nicht: Die Vorspeisen kosten 13 bis 16 Euro, die Pasta etwa 10 bis 17, und die meisten Hauptgerichte liegen in den 20ern oder knapp darüber. Die berühmten Pizzen gibt es zwischen etwa 10 bis 18 Euro. Für die gebotene Qualität sind das keine Schnäppchen, für die Münchener Innenstadt aber auch keine unverschämten Preise.
Mir wäre es ehrlich gesagt lieber, die Preisen würden noch ein paar Prozent weiter anziehen – und dafür würde ein Essen serviert, dass dem glamourösen Image des H’ugo’s auch gerecht wird.
Der Service: Zu Unrecht mächtig selbstbewusst
Noch während ich esse, kommt der Kellner vorbei, von dem die Empfehlung stammt, und fragt mich: „Schmeckt’s?“ Lügen will ich nicht: „Naja, es geht so“, erwidere ich. „Na dann ist es ja gut“, gibt er zurück, und sucht das Weite.
Kurz darauf kommt ein zweiter Kellner vorbei und fragt mich ebenfalls, ob es schmecke. Auf dieselbe Antwort meinerseits fragt er wenigstens nach, was nicht in Ordnung sei. Ich schildere ihm, was meine Begeisterung bremst, und frage ihn im Scherz, ob er mir vielleicht ein Steakmesser für den Mozzarella bringen könne.
Das Messer bekomme ich nicht, stattdessen aber ungefragt einen Espresso aufs Haus – mit dem ich nichts anfangen kann. „Danke, aber ich bin Teetrinker“, erkläre ich dem Kellner. „Macht ja nichts“, antwortet er, „der Espresso geht trotzdem aufs Haus.“
Langsam frage ich mich ernsthaft, ob man als normaler Gast hier vielleicht anders behandelt wird als die Promis im Video-Trailer. Eine ganze Reihe von Online-Rezensionen sprechen leider eine ähnliche Sprache.
Das Fazit: Die Kalorien wert?
Das H’ugo’s mag einmal ein „Place to be“ gewesen sein. Kulinarisch betrachtet hat sich der Szene-Treffpunkt jedoch nicht mit dem Rest der gehobenen Münchener Restaurantszene weiterentwickelt. Wenn ein Lokal sich derart auf seinem Ruf und seiner Location ausruht wie dieser Italiener mit seinem generischen, mittelmäßigen Essen, seinem überheblichen Service und seinem alternden Konzept, dann darf er sich nicht wundern, wenn er von realen Gästen nach realen Maßstäben nicht bevorzugt bewertet wird. Für eine rauschende Münchener Partynacht im Kreise der Münchener Society (und derer, die es gern wären), mag das H’ugo’s immer noch taugen – wenn man vorher gegessen hat. Als Restaurant in bevorzugter Lage, aber eben auch inmitten sehr starker Konkurrenz, ist es für mich eine echte Enttäuschung.
Die Wertung auf der Travelgrand-Skala: 2/6 schnaubende Büffel.
#Wertung
Die Bewertung erfolgt nach subjektiven und zugleich professionellen Gesichtspunkten aus meiner Perspektive als langjähriger Branchen-Insider anhand des Net Promoter Score auf einer Skala von 1 (unwahrscheinlich, dass ich das Unternehmen einem Freund oder Kollegen empfehlen würde) bis 10 (äußerst wahrscheinlich).