Früher war Marbella das Urlaubsdomizil der Promis und Adligen. Entsprechend gut war der Ruf der Hotels der Stadt. Ein Paradies ist die Costa del Sol eigentlich immer noch – auch nach Wirtschaftskrise und Korruptionsskandalen. Doch dem Don Carlos Leisure Resort & Spa gelingt es nicht, den Glanz der alten Zeiten zu vermitteln – trotz Butler-Service, zwei Beach Clubs und Golfplatz.
#Wertung
Die Bewertung erfolgt nach subjektiven und zugleich professionellen Gesichtspunkten aus meiner Perspektive als langjähriger Branchen-Insider anhand des Net Promoter Score auf einer Skala von 1 (unwahrscheinlich, dass ich das Unternehmen einem Freund oder Kollegen empfehlen würde) bis 10 (äußerst wahrscheinlich).
Der Name Marbella hat noch immer einen luxuriösen Klang. In den guten alten Zeiten gehörten die großen Namen hier wie selbstverständlich zum Stadtgespräch: Liza Minnelly, Sean Connery, die Familie von Bismarck, Frank Sinatra und Liz Taylor gingen im Marbella Club von Prinz Alfonso von Hohenlohe früher ein und aus. Ein paar sind noch da – in Marbella und überhaupt – doch viele andere nicht. Die Anziehungskraft auf die Schönen und Reichen hat nachgelassen, obwohl die Costa del Sol noch immer ein Urlaubsparadies ist. Warum? Eine Frage, die mich während meines Aufenthalts begleiten wird wie ein roter Faden.
Das Don Carlos Leisure Resort & Spa, einer der heutigen Hotspots in Marbella, ist eigentlich zwei Hotels in einem: Das Don Carlos selbst ist ein großes Urlaubs- und Business-Hotel mit Konferenzbereich. Das Oasis ist ein Wellness-Hotel mit 35 Zimmern in einem kleineren, separaten Gebäude. Insgesamt verfügt die Anlage über 243 Zimmer. Das weiß ich von der Website. Denn der Doorman, der nach eigener Aussage seit 34 Jahren hier im Dienst ist, kann mir diese Auskunft nicht geben. Da stellt sich mir als ehemaligem Grand Hotelier unweigerlich die Frage: Warum?
Hektik beim Checkin
Ich bin im Oasis by Don Carlos untergebracht – dem luxuriöseren Wellness-Ableger innerhalb des Komplexes. Davon merke ich allerdings erst einmal nicht viel. Bei der Ankunft kümmert sich niemand um mein Gepäck. Beim Checkin geht es unangenehm hektisch zu: Der Rezeptionist führt zwei Telefonate gleichzeitig, während er nebenbei versucht, meine Fragen zu beantworten. Als ich ihm mitteile, dass ich mein Gepäck schnell auf dem Zimmer brauche, weil ich gleich an einer Veranstaltung im Konferenztrakt teilnehme, wird er kurzatmig. Persönlich ist der Empfang – null.
Königliche Hardware
Der erste Eindruck vom Gebäude ist dagegen hervorragend: Das Hotel ist groß, geräumig, modern und technisch auf dem neuesten Stand. Neben 40.000 Quadratmetern Grünfläche verfügt die Anlage u. a. über einen Golfplatz, einen gut gepflegten Tennis- und Sportclub und ihren eigenen „Orange Beach Club“ mit balinesischen Liegen. Mit dem Nikki Beach Club gibt es sogar einen zweiten Strandclub für VIPs. Das Konzept dafür wurde direkt aus Miami importiert.
Die freundlichen, hellen Zimmer im Oasis mit ihrer hochwertigen, sommerlichen Ausstattung aus Korb und Naturstein machen Sommerlaune. Auch die Badezimmer sind nobel, komplett ausgestattet und sauber. An der Hardware dieses Hotels gibt es nichts auszusetzen: Hier haben die Planer wirklich ganz Arbeit geleistet.
Spa der Extraklasse
Das beste Argument für die 5 Sterne neben dem Eingang ist ohne Zweifel der Spa-Bereich. Der ist sogar Weltklasse. Die Einrichtung ist geradezu spektakulär. Vom Steinboden bis zum Mobiliar ist alles vom Feinsten. Zwei Whirlpools, ein großzügiger Indoor-Pool, verschiedene Saunen, eine Terrasse mit zusätzlichem Außenpool und einladende Behandlungsräume mit vielfältigen Therapieangeboten lassen keine Wünsche offen.
Wenn ich dasselbe nur über den Service sagen könnte. Mit dem steht und fällt ein Luxushotel. Und ausgerechnet in dieser wichtigsten Kategorie holt das Don Carlos die Sterne nicht vom Himmel, sondern von der Plakette neben dem Eingang.
Service mit zwei Gesichtern
Beim Essen am ersten Abend kommt eine Mitarbeiterin zu mir an den Tisch. Sie stellt sich als Holiday Resort Managerin vor und wolle sicherstellen, dass ich einen „wundervollen Urlaub“ habe. Gleich darauf fragt sie mich nach meiner Zimmernummer, und wieder frage ich mich: warum? Ich bin allergisch auf die Nummer mit der Nummer. In einem gut geführten Hotel wird der Gast mit Name angesprochen – immer. Die Nummern-Reiterei ist ein Merkmal der gästeverarbeitenden Industrie, und die erwarte ich in einem exklusiven Beach Resort nicht. Als ich der Dame mitteile, dass ich meine Zimmernummer nicht parat habe – bei 250 Hotelnächten im Jahr kann ich mir die einfach nicht immer merken – geschieht etwas Merkwürdiges. „Okay, danke, tschüß“, sagt sie – und geht einfach. Wollte sie nicht gerade noch etwas für mich tun?
Am nächsten Tag wiederholt sich dasselbe Muster, als ich am hoteleigenen Strand etwas essen möchte. Eine Mitarbeitern erklärt mir: Am Strand ginge das leider nicht, aber im Restaurant des Beach Clubs. Na gut. Als ich gerade dort angekommen bin, beobachte ich aus der Ferne, wie einem anderen Gast Essen serviert wird – an seiner Strandliege. Genau dort, wo ich angeblich nichts essen darf. Als ich die Kellnerin nach dem Grund frage, bleibt sie mir die Antwort schuldig und hat plötzlich etwas anderes zu tun. Warum?
Dass die Mitarbeiter in einem Luxushotel einfach verschwinden, wenn sie nicht mehr weiterwissen, ist ein absolutes No-go. Auch dass manche der Mitarbeiter mit Gästekontakt einfach gar kein Englisch sprechen, ist in einem Luxus-Resort ein Unding.
Und plötzlich Thailand
Mein Besuch im hoteleigenen, thailändischen Fine-Dining-Restaurant hätte mich fast mit dem Don Carlos versöhnt. Die Einrichtung ist eine echte Überraschung. Zwischen Palmen und Stranddekoration habe ich tatsächlich das Gefühl, an einem Strand in Thailand zu sitzen – ein fantastisches Ambiente. Bis der Kellner kommt und mich nach meiner Zimmernummer fragt. Auch hier erlebe ich wieder unpersönlichen, unmotivierten Service. Leider ist auch das Essen mittelprächtig und für die Qualität überteuert.
Fazit: Das gebrochene Versprechen
Das Don Carlos Leisure Resort & Spa ist ein Hotel mit zwei Gesichtern: Die exzellente Hardware weckt Urlaubsträume – doch der Service und die Gastronomie lassen sie nicht wahr werden. Bei regulären Preisen ab ca. 350 Euro pro Nacht in der Hauptsaison erwarte ich mehr von einem exklusiven Beach Resort in Marbella. Ich ahne, warum die Schönen und Reichen sich derweil anderswo vergnügen.
Die Wertung auf der Travelgrand-Skala:
- Ausdrückliche Reisewarnung
- Besser als unter der Brücke
- So la-la, nicht O-la-la
- Meckern auf hohem Niveau
- Wenn’s nur immer so wäre
- Ganz großes Kino
Der Autor
Carsten K. Rath kennt die feine Art zu reisen aus 25 Jahren professioneller Erfahrung auf vier Kontinenten. Der „Rockstar der Grand Hotellerie“ (WELT) hat einige der besten Hotels der Welt eröffnet und geführt sowie Dutzende weltbekannte Unternehmen aus Tourismus und Hospitality beraten und geprägt. Zu den Meilensteinen seiner Tätigkeit als Grand Hotelier gehören unter anderem das Hotel Adlon in Berlin, das Ritz-Carlton in Naples/Florida, das The Bentley in London, das Kempinski Lufthansa Center in Peking und das Grande Roche in Paarl/Südafrika. Er war Geschäftsführer der Robinson Club GmbH, CEO von Arabella Starwood und Aufsichtsrat von Design Hotels. Heute ist der Unternehmer und Keynote-Speaker ein gefragter Autor zu Themen rund um exklusives Reisen, Grand Hotellerie, Lifestyle und Touristik. Als Autor hat er bereits neun Bücher geschrieben, u. a. über das Reisen und die Grand Hotellerie.