In der Hotellerie ist Image ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Besonders Grand Hotels haben bei jungen Menschen immer noch den Ruf verstaubt und altmodisch zu sein. Und junge, neue Hotelmarken suchen nach Wegen, sich zu etablieren. Ein beliebtes Mittel: Kooperationen mit Designern aus anderen Feldern – mal mehr, mal weniger naheliegend. Drei Beispiele für einen wachsenden Trend.
Kollaborationen mit berühmten Marken aus anderen Lebensbereichen sind in der Hotellerie keine neue Erfindung. So kooperieren seit langem viele Hotels mit Kosmetik-Marken für die hauseigenen Amenities oder vermieten Retail-Fläche innerhalb des Hotels an Luxusmarken, die dort Shops für die Gäste betreiben.
Die offene, strategisch geplante Art und Weise der Kollaboration in den folgenden drei Beispielen ist für viele Gäste dagegen noch ungewohnt – stellt aber einen der heißesten Hospitality-Trends der letzten Jahre dar.
Letztlich ist es Geschmackssache, wenn zum Beispiel auf jedem Stück Möbel, auf das ich meinen Hintern setze, ein Preisschild klebt – ich persönlich finde das nicht sehr angenehm. Andererseits: Wie oft hätten Sie schon ein besonders schönes Möbelstück aus einem Hotel am liebsten mit nach Hause genommen? Genau auf diesen Effekt setzen die neuen Kollaborateure – und das in vielen Fällen bereits im großen Maßstab erfolgreich.
1. citizenM vs. Vitra
Die vor zehn Jahren in Amsterdam gegründete Designhotel-Kette citizenM richtet sich an junge Kosmopoliten, die sich überall auf der Welt zu Hause fühlen und im übertragenen Sinne eine Sprache sprechen – egal, woher sie kommen, egal, wo sie gerade sind. Was liegt da näher als die Kooperation mit einer globalen Design-Marke, deren Produkte die Zielgruppe überall auf der Welt kennt?
Wenn die jungen Globetrotter reisen, geht es nicht um Tourismus oder Dienstreisen im klassischen Sinne; Arbeit und Privatleben fließen ineinander – und deshalb verschwimmen auch die Grenzen zwischen privaten und öffentlichen Räumen. Tagsüber Freunde in der Stadt treffen, abends ein Meeting beim entspannten Drink in der Hotellobby, dazwischen ein Pitch im Co-Working-Bereich des Hotels: Sie sieht der Alltag der digitalen Nomaden aus, die immer mehr Hotelketten zu erreichen versuchen. In der Lobby dieses Hotels bin ich ihnen zu jeder Tages- und Nachtzeit im Dutzend begegnet, und sie fühlen sich sichtlich wohl dort.
Die Hotels von citizenM sind explizit auf diese Anforderungen ausgerichtet: Der Schwerpunkt liegt auf den öffentlichen Bereichen wie der Lobby und Arbeitsgelegenheiten für die vernetzten Überall-Arbeiter. Und bei der Einrichtung dieser öffentlichen Bereiche kollaboriert citizenM bereits seit dem ersten Stammhaus am Flughafen Schiphol mit der weltberühmten Marke Vitra, die Design-Liebhabern überall auf der Welt ein Begriff ist. Das gesamte Mobiliar in den Sitz-, Arbeits- und Essbereichen der Hotels stammt ausschließlich aus den Kollektionen von Vitra und kann regelmäßig ausgetauscht werden. So werden die Hotels zu einem Showroom des Design-Kollaborateurs, während das Hotel von hochwertiger, wechselnder Ausstattung profitiert.
2. Greulich Design Lifestyle Hotel vs. Vögele Shoes
Beliebt sind seit einiger Zeit auch Kollaborationen zwischen Marken und Hotels bei aufwändigen Events. Diese Veranstaltungen setzen sowohl die Hotel- als auch die Design-Marke als aufregendes Marken-Erlebnis in Szene. Dabei sollen Fans beider Kollaborateure angelockt werden – so wird die Zielgruppe des Hotels um die Zielgruppe des Designers erweitert und umgekehrt. Das Ziel solcher Events aus Hotelsicht: Gästebegeisterung bei neuen Fans und Bindung bestehender Gäste durch einzigartige Erlebnisse.
Ein Beispiel für ein solches Doppel-Markenevent war das SHOEHOTEL-Event im Greulich Design- und Lifestyle Hotels in Kooperation mit dem Gastgeber Vögele Shoes im Mai 2018 in Zürich. Das Hotel verwandelte sich einen Tag lang in einen Pop-up-Shoppingtempel, bei dem Schuh-, Accessoire- und Lifestyle-Brands sich in Pop-up-Stores, bei Workshops, beim Welcome Drink und am Snack-Buffet den Gästen präsentieren durften – mal nicht der oft wenig anregenden Atmosphäre eines Kaufhauses, sondern im exklusiveren Ambiente eines schicken Vier-Sterne-Designhotels. Ein exklusiver Anstrich für die Retail-Marke Vögele, eine Kundenbindungs- und Findungsmaßnahme für das Hotel. DJs sorgten für die richtige Stimmung, der Event-Charakter ließ das Geld lockerer sitzen als beim Besuch einer Vögele-Filiale vielleicht üblich.
Die Beschränkung des Pre-Openings auf ausschließlich geladene Gäste und der Zutritt zum öffentlichen Teil des Tages nur durch Verlosung verlieh der Veranstaltung zusätzlich ein besonders exklusives Flair. Hier greift das alte Prinzip: Verknappung sorgt für Begehrlichkeiten.
3. Dedon Island vs. Dedon
Die Idee einer Verknüpfung von Konsum und Hospitality auf die Spitze getrieben hat Dedon, der Lüneburger Hersteller von Outdoormöbeln. Gegründet von Ex-Fußballstar Robert „Bobby“ Dekeyser und inzwischen komplett im Schweizer Besitz, hat Dedon sich nicht wie viele andere Design-Marke eine Hotelmarke als Kollaborateur ausgesucht – sondern kurzerhand sein eigenes Lifestyle-Resort gegründet.
Dabei handelt es sich nicht um irgendein Resort, sondern eines der exklusivsten der Welt. 2012 eröffnete Dedon auf der philippinischen Insel Siargao „Dedon Island“. Eine Übernachtung in der Luxusanlage kostet etwa 1.000 Euro. Das für einen Möbelhersteller doch eher ungewöhnliche Nebenerwerbsmodell erwies sich als einträglich: Das Resort ist hervorragend gebucht.
Wie bei der Kollaboration von citizenM und Vitra handelt es sich auch bei Dedon Island letztlich um einen besonders exklusiven Showroom für die Produkte des Möbelherstellers. Wo ließen sich die edlen, teuren Outdoor-Möbel besser inszenieren als an einem Traumstrand mitten im Paradies?
Der Clou bei Dedon Island ist allerdings: Wer es nicht weiß, bekommt gar nicht mit, dass er seinen Urlaub in einer riesigen Ausstellungsfläche verbringt. Das Resort ist kein Fake-Hotel zu Werbezwecken, sondern ein besonders exklusives, hervorragend geführtes und bei den Gästen sehr beliebtes Resort, das ganz nebenbei auch Dedon-eigene Unternehmenswerte wie Nachhaltigkeit und Regionalität aufgreift. Vielmehr steht die geschickte, unaufdringliche Integration der Marke in den Lebensstil und die Interessen der Zielgruppe im Vordergrund. Das Stückchen Paradies aus dem Katalog für die heimische Terrasse mitnehmen? Das passiert ganz organisch nebenbei. Was zählt, ist das Image als Paradiesausstatter und Lifestyle-Statement.
Und genau hier liegt der besondere Reiz all diesen Kooperationen für die beteiligten Marken: Mitten im Leben der Zielgruppe sein ist besser als jede Werbung. Denn genau darum geht es schließlich auch in der Hotellerie: dem Leben der Gäste eine Bühne bieten.