Wo Kunst und Aktivismus die Natur bewahrten

Inspirierte Künstler und politische Aktivisten prägten einst die Gegenden, in denen heute zwei fabelhafte Fünfsternehotels fest in der Region verwurzelt sind.

Der Alpenhof Murnau hat sich zu einem der besten Häuser in Bayern entwickelt. (Foto: Alpenhof Murnau)

In Oberbayern und der Oberpfalz sind die Menschen bodenständig und naturverbunden. Die idyllische Landschaft lockt schon seit Jahrhunderten viele Künstler an und trieb die Menschen auf die Straßen, wenn sie ihre Lebenswelt in Gefahr sahen. Sowohl Kunst als auch politischer Aktivismus haben geholfen, die Schönheit der Natur bis heute zu bewahren – sei es in expressionistischen Bildern wie in Murnau oder ganz real wie im Fall von Wackersdorf. Nebenbei sind daraus auch noch wunderbare Hotels entstanden.

Das bayerische Voralpenland ist wunderschön. Im Vordergrund sattgrüne Wiesen, Dörfer, aus deren Mitte der Zwiebelturm einer Kirche ragt, idyllische blaue Seen, im Hintergrund die majestätische Kulisse der Alpen und mittendrin die Zugspitze.

Ich bin in Murnau am Staffelsee, unweit von Garmisch-Partenkirchen. Natürlich bin ich nicht der erste, den diese Landschaft berührt. Richtig bekannt gemacht hat sie aber die Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ um die beiden Maler Wassily Kandinsky und Franz Marc.

Wo ich heute übernachte, im Alpenhof in Murnau, fing alles an. Kandinsky, Marc und Gabriele Münter hatten keine Lust, sich den konservativen Vorgaben der „Neuen Künstlervereinigung München“ zu beugen, die alles Abstrakte ablehnte und auch Frauen das Recht zu malen absprach. Und so verließen sie die Großstadt und kamen zum Malen nach Murnau. Hier entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts viele ihrer bis heute weltberühmten expressionistischen Werke.

Alpenhof Murnau: Fachkräftemangel ist hier ein Fremdwort

Mitten in dieser Landschaft, die so viele Künstler inspiriert hat, steht das Hotel Alpenhof. Ein Haus, das mal wieder beweist, wie gut es ist, wenn sich die Verantwortlichen mit dem Hotel und der Region gleichermaßen identifizieren. Christian und Elke Bär haben den Alpenhof viele Jahre als Geschäftsführer geführt, sind nun seit fünf Jahren Pächter und haben sogar selbst investiert.

Christian und Elke Bär haben das Haus viele Jahre als Geschäftsführer geführt und sind nun seit fünf Jahren Pächter. (Foto: Carsten K. Rath)

Sie haben das Haus gefühlt zu ihrem gemacht und damit zu einem der besten in Bayern. Fachkräftemangel ist hier ein Fremdwort. Und auch die Fluktuation ist nur minimal. 30 Auszubildende arbeiten im Hotel, auch hier scheint es keine Probleme zu geben, junge, interessierte Leute zu finden. „Man muss sich eben um seine Mitarbeiter kümmern“, sagt Bär.

Überhaupt glaubt er nicht an den viel beklagten Fachkräftemangel. In Bayern liege die Anzahl der Angestellten im Gastgewerbe seit Jahren konstant bei rund 455.000. Das Problem sei eher die hohe Anzahl an Hotels bei einer zurückgehenden Anzahl an Gästen, so Bär. Eine durchaus interessante Betrachtungsweise, wie ich finde.

Die Hütte, die einst an der Zugspitze stand, steht heute im hoteleigenen Park. (Foto: Alpenhof Murnau)

Was dieses Haus so besonders macht, ist die spürbare Liebe der Chefs und ihrer Mitarbeiter zur Umgebung. Wie eng die Gastgeber mit der Region verbunden sind, zeigt unter anderem die Geschichte der Hütte, die im schönen Parkgelände des Hotels steht. Christian Bär fand sie eines Tages während der Gamsjagd an der Zugspitze. Im Gespräch mit dem Besitzer stellte sich heraus, dass die alte Hütte schon einen Tag später abgerissen werden sollte.

Das gefiel dem Hotelier überhaupt nicht. Nach ein paar Maß Bier und einigen Schnäpsen wurde man sich handelseinig. Bär kaufte dem Bauern die Hütte ab und begann mit der mühseligen Arbeit: Jede Bohle, jedes Brett wurden nummeriert und Stück für Stück ins Tal transportiert. Zu Fuß. Ein Großtransport mit Lastwagen und Kran war in dieser Höhe schlicht unmöglich. Im hoteleigenen Park wurde die Hütte dann eins zu eins wiederaufgebaut und ist heute ein wunderschönes Outlet für die Gäste des Alpenhofs.

Überzeugend finde ich im Alpenhof die ausgezeichnete und vielfältige Gastronomie. Hier wird Wert auf eine traditionelle, feine Küche mit Zutaten aus der Region gelegt. Das wirkt unkompliziert, bodenständig und zugleich innovativ. Äußerst vielfältig ist auch die Saunalandschaft. Sechs verschiedene Saunen gibt es, davon fünf in einem Saunadorf abseits des Pools. Diese Schwitzhütten sind aus altem Holz und haben mit Moos bewachsene Dächer.

Entspannung in der Hütte im Park. (Foto: Alpenhof Murnau)

Alles wirkt sehr gepflegt und irgendwie auch romantisch. Dazu gibt es Liege- und Ruheflächen, von denen aus man die am Berg stehenden Gämsen beobachten kann. In der Ferne höre ich sogar die Hirsche röhren. Das habe ich so schon lange nicht mehr erlebt.

Raths Reise-Rating (aktuelle Wertung gefettet):

1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino

Birkenhof Neunburg: Mit dem Ende von Wackersdorf begann der Aufstieg

Historische Bedeutung hat auch der Ort meines zweiten Check-ins in Bayern. Hier ging es allerdings weniger um die schönen Künste, sondern vor allem um Politik, Aktivismus und Widerstand. Das Hotel „Der Birkenhof“ liegt genau dort, wo man in den 1980er-Jahren die Wiederaufbereitungsanlage für Brennstäbe aus deutschen Atomreaktoren bauen wollte: bei Wackersdorf in der Oberpfalz.

Massive Bürgerproteste machten den Ort damals über Deutschland hinaus bekannt und schafften es schließlich, dass der Bau 1989 eingestellt wurde. Heute gilt die Region als ein wirtschaftlicher und touristischer Spitzenstandort.
Der Birkenhof bietet neben einem Zweisternerestaurant auch eine beeindruckende Spa-Landschaft. (Foto: Der Birkenhof Spa & Genuss Resort)

Mit dem Ende der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf begann der Aufstieg des Birkenhofs. Wie der Alpenhof wird auch dieses Haus spürbar mit sehr viel Liebe betrieben. Zwei Generationen sind hier am Werk. Hotelbesitzer und Koch Hubert Obendorfer hat die Leitung der Küche mittlerweile an seinen Sohn Sebastian abgegeben.

Dieser scheint viel von seinem Vater gelernt zu haben, denn er konnte auf Anhieb die beiden Michelin-Sterne seines Vaters für das Gourmetrestaurant Eisvogel verteidigen. Aus meiner Sicht ist er sogar auf dem besten Weg zum dritten Stern. Der jüngere Sohn ist im Management und der Administration tätig und außerdem maßgeblich für das Projekt Nachhaltigkeit zuständig.

Im mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant kocht Juniorchef Sebastian Obendorfer. (Foto: Der Birkenhof Spa & Genuss Resort)

Ich finde es spannend, wie stark man sich in beiden Häusern dieses Themas annimmt. Es scheint in der DNA der Menschen, der Hoteliers hier zu liegen; sie sind naturverbunden, Langlebigkeit und Umwelt liegen ihnen sehr am Herzen. Und das ist gut so.

Die Zimmer im Birkenhof sind großzügig, alle mit Terrasse oder Balkon. Das Innendesign entspricht allerdings nicht unbedingt meinem Geschmack. Es ist mir etwas zu „deutsch“. Aber das ist Geschmackssache und für die Zielgruppe scheint es absolut passend. Die besteht vor allem aus Gästen aus den angrenzenden Regionen. Deutsche, Österreicher, Schweizer, aber auch Menschen aus dem nahe gelegenen Tschechien treffe ich im Birkenhof.

Die Zimmer im Birkenhof sind großzügig gestaltet. (Foto: Der Birkenhof Spa & Genuss Resort)

Die meiste Zeit verbringen die Gäste im Birkenhof aber wohl im Wellnessbereich. Es ist eine der besten Spa-Landschaften, die man sich vorstellen kann: Es gibt verschiedene Pools wie etwa den Salzwasserpool oder den Onsen-Pool, In- und Outdoorbecken, einen Naturbadeteich und verschiedene Saunen. Alles wirkt extrem großzügig. Perfekt für einen Pärchenurlaub. Kinder beziehungsweise Familien stehen hier nicht im Mittelpunkt. Auch vom Tagungsgeschäft hat man sich in letzter Zeit eher zurückgezogen.

Anregungen für die Weiterentwicklung des Hotels sucht sich Seniorchef Hubert Obendorfer nach eigenen Aussagen unter anderem in Südtirol. Er ist aber auch selbst aktiv und engagiert. Unter anderem ist er geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Vereinigung „Les Amis de l’Art de Vivre“, ein Verbund, in dem sich Spitzengastronomie-Hotels zusammengefunden haben. Mir zeigt das, dass Obendorfer an den Nachwuchs denkt und offen für neue Vermarktungsplattformen ist.

Der Birkenhof liegt dort, wo in den 1980er-Jahren die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf gebaut werden sollte. (Foto: Der Birkenhof Spa & Genuss Resort)

Aus meiner Sicht ist der Birkenhof ein tolles Fünfsternehotel mit einem exzellenten Preis-Leistungs-Verhältnis. Übrigens: Beide Hotels sind auch bei den 101 Besten zu finden.

Raths Reise-Rating (aktuelle Wertung gefettet):

1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino

Insidertipp

Restaurant: Das Restaurant Ähndl ist einen Besuch wert. Der Betreiber ist ein ehemaliger Sternekoch aus dem Alpenhof. Das Restaurant hat einen schönen Biergarten und liegt neben der Ähndl-Kirche im Murnauer Moos. Die kleine Kirche zählt zu den zehn ältesten Kirchen weltweit und hat die älteste Glocke Europas. Erbaut wurde sie etwa um 700 nach Christus.

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