Großes Comeback in Hamburg und ein Namensvetter-Hotel an der Ostsee in Travemünde: zwei Häuser mit dem Namen Atlantic im Test.
Hamburg; Travemünde Das „weiße Schloss“ an der Alster hat in den vergangenen Jahren den Anschluss an seine Vergangenheit als Grandhotel verloren. Doch seit Kurzem geht es dank Investitionen und geschickter Führung wieder aufwärts mit dem Hamburger Traditionshaus Atlantic. Ich habe es besucht und gleich noch ein paar Tage weiter nördlich im Namensvetter-Hotel an der Ostsee verbracht, dem Grandhotel Atlantic Travemünde.
Viele Jahre lang lieferten sich das Hotel Atlantic und das Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg einen harten Zweikampf an der Spitze der deutschen, ja der europäischen Top-Hotellerie. Doch nachdem Ingo Peters vor über 25 Jahren das Vier Jahreszeiten übernommen hatte, war die Entscheidung gefallen – mit großen Schritten zog das Haus qualitativ dem Atlantic davon.
Zusammen mit dem investitionsschlauen Eigentümer traf Peters damals die richtigen strategischen Entscheidungen und setzte sie operativ exzellent um. Das Hotel Atlantic hingegen verfiel in einen Dornröschenschlaf. Auch unter der Marke Kempinski konnte die einstige Spitzenklasse nicht mehr erreicht werden. Als Mittelklassehotel wartete das Haus darauf, wachgeküsst zu werden.
Die Wende kam mit einem neuen Großinvestor. 2014 kaufte Bernard große Broermann, Gründer der Asklepios Kliniken und der Broermann Health & Heritage Hotels GmbH, das Haus. Mit seinen Hotels wie der Villa Rothschild im Taunus oder dem Fairmont Le Montreux Palace hatte er bereits Klasse bewiesen.
Es war also nur noch eine Frage der Zeit, bis der richtige Direktor gefunden war, der die entscheidenden Schritte einleitete. Mit André Vedovelli hat man ihn gefunden. Vedovelli hat Erfahrung in der internationalen Spitzenhotellerie und verantwortete in den vergangenen Jahren das Grand Elysée Hotel in Hamburg.
Wo bisher der Schwerpunkt auf Kostenersparnis, Kündigung der Mitarbeiter und Schließung der Gastronomie lag, ist nun das Gegenteil der Fall. Die Investitionsfreude ist zurück. Die Lobby ist bereits in tadellosem Zustand, die Bar ist exzellent, die Zimmer werden gerade renoviert und – ganz wichtig – der Gastronomie wurde endlich wieder Leben eingehaucht.
Eine Legende auf der Speisekarte war seit jeher die „Atlantic Hummersuppe“. Die hat der neue Küchenchef Alexander Mayer selbstverständlich auch wieder auf die Karte gesetzt. Tradition ist schließlich wichtig und gehört zu einem alten Grandhotel. Gleichzeitig orientiert sich Mayer aber auch nach vorn und kreiert ausdrucksstarke Gerichte, die vor allem mit ihren wunderbaren Soßen überzeugen.
Mein Fazit: Das Atlantic in Hamburg wird sicher bald wieder zu den allerbesten Hotels in Deutschland gehören. Schon jetzt ist es im Ranking der 101 besten Hotels Deutschlands gelistet, der Trend zeigt nach oben. Auch wenn Hamburg aus meiner Sicht schon jetzt die Stadt mit der besten Hotellerie ist, wird das wiedererstarkte Atlantic der Stadt und allen, die daran beteiligt sind, guttun.
Raths Reise-Rating (aktuelle Wertung gefettet)
- Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino
Insidertipps
Joggingstrecke: Das Hotel Atlantic liegt unmittelbar an der Alster, die man laufend umrunden kann – eine der schönsten Stadt-Laufstrecken in Deutschland.
Kultur: Die Elbphilharmonie ist zwar nicht mehr neu, aber trotzdem immer einen Besuch wert, egal ob zu einem Konzert oder einfach so.
Atlantic Travemünde: Wie eine Enklave der Ruhe
Mit einem guten Gefühl für das Atlantic fahre ich Richtung Norden, in ein weiteres Atlantic. Das Grandhotel Atlantic in Travemünde hat mit dem Hamburger Atlantic nur den Namen gemein. Es gehört zur Atlantic Hotelgruppe, wie auch das Hotel Wilhelmshaven, das Grandhotel Bremen, das mir sehr gut gefällt, oder das Luxusresort Severins Sylt, eines der drei besten deutschen Hotels bei den „101 Besten“.
21 Häuser gehören bald zu dieser recht leise und zugleich weise agierenden Hotelgruppe, die im Viersterne-Segment sicherlich zu den besten gehört. Der neueste Zuwachs wird demnächst ein Haus in Heidelberg sein, ein Neubau. Ich bin sehr gespannt auf die Entwicklung.
Doch zurück nach Travemünde: In all dem Trubel am Ostseestrand kommt mir das Atlantic wie eine Enklave der Ruhe vor. Zwischen Hotel und Strand wurde eine schöne, große Liegewiese angelegt. Direkt davor, auf dem wirklich sehr breiten Strandabschnitt, sind die Strandkörbe mit viel Abstand verteilt. So kann jeder seine Privatsphäre wahren. Ich genieße diese unerwartete Ruhe und den Blick auf die Ostsee, die vorbeifahrenden Schiffe und das gegenüberliegende Mecklenburg-Vorpommern.
Der schöne Spa-Bereich hat zusätzlich einen Indoorpool. Mich überzeugt aber vor allem die Gastronomie. Das beginnt schon mit dem ausladenden Frühstücksbuffet, das bis 11.30 Uhr geöffnet hat. Dieser Service gehört zur Philosophie der Hotelgruppe: Im Schwesterhotel auf Sylt kann man sogar bis 12 Uhr frühstücken.
Der Gastgeber Kay Plesse ist überall präsent. Er ist ein Hotelier der alten Schule und führt das Haus mit merkbar viel Liebe zum Detail. Man spürt, wie gut die alten Gemäuer gepflegt sind, und den Anspruch, jeden Tag ein bisschen besser zu werden. Kein Wunder, dass das Grandhotel Atlantic Travemünde zu den 101 besten Hotels Deutschlands gehört.
Ich bin mir sicher, dass man von der Atlantic Hotelgruppe noch viel hören wird, auch wenn sie im Gegensatz zu so manchem Marktschreier eben wesentlich leiser agiert. Hier ist man eben eher auf Qualität als auf Außenwirkung bedacht. Ich empfinde das als sehr wohltuend.
Raths Reise-Rating (aktuelle Wertung gefettet)
- Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino
Insidertipps
Ausflug: Travemünde ist ein Stadtteil von Lübeck, auch wenn das Zentrum der alten Hansestadt gut 15 Kilometer entfernt ist. Ein Stadtrundgang durch Lübeck lohnt sich aber auf jeden Fall.
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