Warum das Waldorf Astoria Berlin seinem Anspruch nicht gerecht wird

Der Name Waldorf Astoria steht für Luxushotellerie – zumindest in New York. Doch in Berlin hat unser Tester ein paar frustrierende Erlebnisse.

Die Außenansicht: Das Waldorf Astoria gehört seit 2013 zum Stadtbild Berlins. (Foto: Carsten K. Rath)

„Was innen nicht glänzt, kann außen nicht funkeln.“ So würde ich das 2013 am Zoologischen Garten in Berlin eröffnete Waldorf Astoria beschreiben. Aus sich selbst heraus versprüht es nicht den Charme und den Service, den man mit dem Namen, der für Luxushotellerie steht, verbindet. Aber der Reihe nach.

Der Name der renommierten Hotelmarke, die zur Hilton-Gruppe gehört, geht auf Johann Jakob Astor zurück, der aus dem beschaulichen Waldorf in der Kurpfalz stammte. Als deutscher Emigrant fand er sein Glück in den Vereinigten Staaten und wurde durch Pelz- und Immobilienhandel zu einem der reichsten Männer seiner Zeit.

Früh setzte Astor auf einen bevorstehenden Bevölkerungsboom in New York und erwarb Grundstück um Grundstück. Er spekulierte, wurde wohlhabender und vererbte schließlich ein riesiges Vermögen. Seine Enkel William und John Jacob Astor IV. betrieben seinerzeit ab 1893 beziehungsweise 1897 je ein Hotel in unmittelbarer Nachbarschaft.

Als die Enkel ihre Häuser – das eine hieß Waldorf, das andere Astoria – fusionierten, entstand das einstige Stammhaus Waldorf Astoria, das genau auf jenem Grundstück stand, auf dem heute das Empire State Building in den Himmel ragt. Der weltbekannte Waldorfsalat wurde 1896 ebenfalls hier kreiert.

Geheimer Bahnsteig im Grand Central Terminal

Das heutige Stammhaus steht seit 1931 an der Park Avenue und galt seinerzeit als das größte, renommierteste und höchste Hotel der Welt, samt eigenem, geheimem Bahnsteig im Grand Central Terminal für seine illustren Gäste. Es war das Aushängeschild der Luxushotellerie. Der damalige US-Präsident Hoover hielt zur Eröffnung eigens eine Radioansprache. Über die Jahre residierten hier neben Franklin Roosevelt, Marilyn Monroe und den Kennedys unzählige weitere prominente Gäste. Paris Hilton wuchs hier in der Suite ihrer Familie auf.

Warum ich das alles erzähle? Um Ihnen die Fallhöhe zu verdeutlichen, die zum ersten und einzigen Haus der Kette in Deutschland besteht.

Der erste Eindruck zählt und der letzte bleibt: Ich betrete das Hotel, der Rezeptionist sieht mich zwar, grüßt aber nicht, blickt zur Seite und entschwindet schließlich in einem Hinterzimmer, ohne ein Wort zu sagen. Ich muss erst einmal warten, bevor ich einchecken kann. Schließlich kommt er zurück, sieht sich erneut um, geht aber wieder davon, ohne mich bewusst zu registrieren. Immerhin habe ich dadurch Zeit, die Lobby besser wahrzunehmen, die wirklich sehr angenehm nach Blumen duftet.

Zimmer mit Aussicht: Die Zimmer überzeugen durch ihre gute Ausstattung und die verwendeten Materialien. (Foto: Waldorf Astoria Berlin)

Schließlich gelingt es mir, hier einzuchecken. Im direkten Kontakt ist der Umgang dann auch freundlich. Ein typisches „Waldorf-Gefühl“ von Wärme und Herzlichkeit stellt sich jedoch nicht ein; gerade, wenn man in der Lobby nach links, auf das Bild des Stammhauses in Manhattan schielt, vermisst man ein wenig den Zusammenhang und den Flair von altbewährtem Service. Es ist hier zwar alles in Ordnung, es ist aber nicht alles exzellent.

Das Hotel gefällt mir baulich gut, auch wenn es für meinen Geschmack farblich ein wenig zu beige und grau gehalten ist. Die Qualität der Hardware stimmt. Erwähnenswert ist hier vor allem das Guerlain Spa, das einzige in Deutschland. Guerlain ist mehrfach ausgezeichnet als einer der besten Luxus-Spas.

Das Spa des Waldorf Astoria befindet sich im fünften Stock. Dieser ist 1000 Quadratmeter groß und besitzt fünf Therapieräume, einen wolkenförmigen Pool, eine finnische Sauna, ein Dampfbad, Hydrotherapie, eine Guerlain-Boutique sowie ein rund um die Uhr geöffnetes Fitnessstudio.

Auf dem Zimmer angekommen, offenbart sich allerdings erneut das, was ich als fehlendes „Waldorf-Gefühl“ bezeichnete. Ein junger Mann vom Gepäckservice kommt an die Tür, stellt meine Koffer ab, dreht sich um und geht wieder. Keinerlei höfliche Kommunikation, keine Frage danach, ob er hereinkommen solle, um mir behilflich zu sein, oder ob er mir freundlicherweise das Zimmer erklären könnte. Nichts davon wird angeboten. Das ist nicht schlimm, aber einfach im Umgang sehr nüchtern.

Nüchtern ist hier wohl das richtige Wort. Für den stolzen Preis von 409,50 Euro pro Nacht ohne Frühstück und für den Markennamen Waldorf ist das in der Tat ernüchternd! Einem das Zimmer zu erklären – in meinem war zudem leider das Wasser der Kaffeemaschine leer und die Maschine ausgesteckt – ist heutzutage auf diesem Niveau Standard.

Zoofenster: Der Name bedeutet, dass man einen Blick auf den Zoologischen Garten werfen kann. Das Gebäude hat der Frankfurter Architekt Christoph Mäckler geplant. (Foto: Carsten K. Rath)

Das Zimmer an sich ist schön, hat hohe Decken und überzeugt durch seine gute Ausstattung und die verwendeten Materialien. Das Bad ist in dunklem Marmor gehalten.

Ein kleines Manko ist allerdings die Schallisolierung der Fenster, obwohl es eine massive Doppelverglasung gibt. Den Bahnhof Zoologischer Garten direkt vor der Türe höre ich zwar samt Personenverkehr nicht, allerdings die Sirenen von Polizei und Feuerwehr. Das hätte meiner Meinung nach noch etwas besser gelöst werden können.

Besser und gästefreundlicher hätte man auch die Wege zu Bar und Restaurant kennzeichnen können. Es gibt nur vereinzelte Wegweiser, die Mitarbeiter sehen einem hingegen nur zu, wie man suchend das Hotel durchschreitet, anstatt behilflich zu sein.

„Lang Bar“ mit guten Drinks und Piano-Livemusik

Dort angekommen, entschädigt einen aber immerhin die „Lang Bar“ – benannt nach der Berliner Regisseur-Ikone Fritz Lang – im Art-déco-Stil mit guten Drinks und donnerstags auch mit Piano-Livemusik. Hier versucht man die Barkultur, die vom Stammhaus in New York maßgeblich mitgeprägt wurde, hochzuhalten.

Nach kurzer Stippvisite mache ich mich hungrig auf zum Restaurant „Roca“, das mit moderner Küche und östlich-mediterranen Speisen auf höchstem Niveau wirbt, aber bereits um 21 Uhr schließt. Da es das einzige Restaurant des Hauses ist, verweist mich ein Servicemitarbeiter bereits kurz vor 21 Uhr zurück in die Bar, wo man mir einen Snack anbieten könne.

Frühstücksangebot: Die Auswahl ist gut, die Mitarbeiter sind passiv. (Foto: Carsten K. Rath)

Fünf-Sterne-Hotel für über 400 Euro die Nacht? 21 Uhr? Mitten in Berlin? Mir fehlen die Worte. Das New Yorker Waldorf Astoria hatte einen Ruf wie Donnerhall, der ist aber wohl über dem Atlantik merklich abgeklungen. Die Hardware ist wie gesagt sehr gut, in der Berliner Variante ist aber Schmalhans Küchenmeister.

Hungrig verlasse ich das Hotel und betrete das Drei-Sterne-Hotel Motel One direkt um die Ecke. Ich werde freundlich begrüßt und das Restaurant ist selbstverständlich geöffnet. Hier steppt der Berliner Bär, der Laden ist gut und brennt, eine klare Empfehlung von mir. Von Jung bis Alt herrscht hier gute Stimmung und das Essen schmeckt obendrein auch noch gut.

Zurück im Waldorf Astoria werde ich nun immerhin im Aufzug von einem Mitarbeiter angesprochen, der mich in Small Talk verwickelt. Das ist ein bisschen von der Aufmerksamkeit, die ich mir zuvor für Gäste eines Fünf-Sterne-Hauses gewünscht hätte.

Auf dem Zimmer fällt mir auf, dass zwischenzeitlich das Bett gemacht worden ist und kleine Schokoladen bereitgestellt wurden. Auch ein persönliches Anschreiben mit einem Hauch von Lokalkolorit in Form eines Zitats des Wahlberliners John F. Kennedy ist eine nette Geste. Das Wasser der Kaffeemaschine wurde nicht aufgefüllt. Wenn ich als Haus den Anspruch habe, zu den Besten gehören zu wollen, wäre das ein Punkt, der zu verbessern ist.

Einen verbesserungswürdigen Eindruck habe ich auch beim Frühstück am nächsten Morgen. Ich möchte bestellen, es kommt aber zu lange niemand an meinen Tisch, um eine Bestellung aufzunehmen. Als sich schließlich jemand blicken lässt, ist der Mitarbeiter aber freundlich. Es ist durchaus festzuhalten, dass die Mitarbeiter hier liebenswürdig und auch gut geschult sind, aber sie agieren schlicht und ergreifend passiv.

In einem Haus dieser Klasse möchte ich beispielsweise nicht nach Petits Fours oder einem kleinen Keks oder einem Glas Wasser zum Kaffee fragen. Es wäre einfach schön, wenn das auf diesem Niveau dabei wäre.

Wünsche und Probleme sind Sache der Gäste

Auch zum Abschied habe ich noch ein frustrierendes Erlebnis. Ein Verzehr, den ich abends zuvor in der Bar konsumiert hatte, steht zwar auf der Rechnung, nicht aber auf dem Bewirtungsbeleg. Ich habe darum gebeten, das zu berichtigen, dem wurde allerdings nicht nachgekommen. Die Aussage war pauschal: „Das geht jetzt nicht mehr!“ Kleinere Wünsche oder Probleme der Gäste werden nicht gelöst, sie bleiben meist Wünsche und Probleme der Gäste.

Als ich seinerzeit im Ritz-Carlton unter Horst Schulze arbeitete, war das Credo, das uns die Hotelführung mit auf den Weg gab: „Heute besser als gestern, morgen besser als heute!“ Es war wie ein Mantra.

Das Stammhaus Waldorf Astoria gehörte Generation über Generation zu den besten, weil man sich selbst ständig hinterfragte, weil man nie stehen blieb, weil man immer besser werden wollte. Ein Umstand, der beim deutschen Ableger noch nicht verinnerlicht wurde.

Plus: gute Hardware, tolle Architektur, gutes SPA.

Minus: mittelmäßiger, passiver Service, Restaurant-Öffnungszeiten nicht großstadtgerecht, Preis-Leistungsverhältnis.

Raths Reiserating (aktuelle Wertung gefettet)

  1. Ausdrückliche Reisewarnung
    2. Besser als unter der Brücke
  2. So lala, nicht oh, là, là

4, Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino

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