Zwischen Alpen und Zürichsee treffen sich im Baur au Lac seit mehr als 175 Jahren hochkarätige Gäste. Zu Recht, wie unser Kolumnist meint.
Zu einer Seite der Blick auf die Alpen, zur anderen auf den Zürichsee. Privilegierter könnte die Lage des Traditionshauses Baur au Lac nicht sein. Gelegen hinter der Bahnhofstraße in Zürich, in der das Geld, die Reichen und die Schönen zu Hause sind. Die Straße, deren Bau vom Gründervater des Grandhotels gefördert wurde. Aber zu diesem später mehr.
Der Portier übergibt das Gepäck an den Pagen. Als ich eintrete, werde ich mit Namen begrüßt. Diese Information hatte es vor mir durch die massive Drehtür geschafft. Der Empfang ist überaus herzlich, und alles scheint bis ins kleinste Detail durchdacht – so macht Ankommen Spaß.
Und so geht es weiter: Alles ist vorbereitet, das Zimmer fertig. Auf dem Weg durch das Traditionshaus werde ich begleitet und mit historischen Fakten zum Gebäude, zur Gründung und zu der Umgebung unterhalten: 1844 wagte der Schweizer Hotelier Johannes Baur das, was vor ihm kein anderer gewagt hatte, und errichtete das Hotel in unmittelbarer Nähe zum Ufer des Zürichsees. Mit der luxuriösen Einrichtung und dem diskreten Service schaffte es der Hotelpionier bereits kurz nach der Eröffnung in die internationale Berichterstattung.
Es dauerte nicht lange, bis das Baur au Lac den europäischen Hochadel und bekannte Persönlichkeiten zu seinen Stammgästen zählte. Von der unter dem Namen „Sissi“ weltbekannten Kaiserin von Österreich über den expressionistischen Maler Marc Chagall bis hin zum Schriftsteller Thomas Mann: Sie alle konnten sich dem Charme des Hauses auf ihren Reisen nicht entziehen.
Und auch heute befindet sich das Hotel noch in den Händen der Gründerfamilie, mittlerweile in sechster und siebter Generation. Nur wenige der ältesten Fünf-Sterne-Häuser können das von sich behaupten.
Klassische, kraftvolle Farben vermischen sich mit traditionellen Formen. Frische Blumendekorationen finden sich überall in dem historischen Hotel, blühende Orchideen auf den Gängen, in der Lobby und in den Zimmern. Jeder einzige der insgesamt 17.000 Quadratmeter erscheint äußerst gepflegt. Es fehlt an nichts, das Housekeeping arbeitet exzellent und unscheinbar.
Asiatisches Dekor fügt sich organisch in die Jugendstilarchitektur der Räumlichkeiten ein. Die Renovierung der Zimmer im Juli 2022 lässt sie in neuem Glanz erstrahlen. Dennoch verlieren sie nichts von dem alten Chic des Traditionshauses.
Neue Zimmer mit altem Charme
Ich komme nicht darum herum, einige Vergleiche zu ziehen, mit einem Wettbewerber aus derselben Stadt. Wo das Baur au Lac mit ein paar Nüssen, Snacks und Wasser aufwartet, verfügt das Dolder Grand Zürich über eine großzügigere Minibar einschließlich Champagner. In beiden Häusern ist der Verzehr ihres Inhalts im Preis inbegriffen.
Die Coronapandemie hatte das Hotel scheinbar dazu gezwungen, das Frühstück in individuelle Pakete zu bündeln. Das Konzept wurde weiterentwickelt. Das Ergebnis ist eine hohe Anzahl an Frühstücksvariationen mit einer großen Käse- und – für meinen Geschmack – etwas zu mageren Wurstauswahl. Der einzige Kritikpunkt, der bei dem grandiosen Service schnell in Vergessenheit gerät.
Mit zwei verliehenen Michelin-Sternen gehört das Restaurant Pavillon zur Topliga und erreicht fast den gastronomischen Gipfel. Selten habe ich so gut gegessen! Hier und in der Lobbybar, namens Le Hall, wird die kosmopolitische Ausrichtung des Hauses erkennbar. Diverse Nationalitäten, Gäste aus Mexiko, aus Brasilien, aus China, aber auch aus der Schweiz, sind vertreten.
Vielleicht liegt es wieder an dem spektakulären Ausblick, dass auch in diesem Raum eine diskrete, entschleunigte Stimmung herrscht. Die Umgebung strahlt Ruhe aus und scheint sich über die großen Glasfenster auf den Innenraum und die internationalen Besucher zu übertragen. Während des Essens schaue ich hinaus, auf einen kleinen Kanal, der in den Zürichsee mündet und zu den anderen Seiten auf den Garten und die Terrasse, auf der im Sommer Drinks und Amuse-Gueules serviert werden.
Weine für das eigene Haus und den weltweiten Vertrieb
Die Hotelgäste profitieren von einer hochkarätigen Auswahl an Weinen von über 300 Produzenten aus 14 verschiedenen Ländern. Genauso werden diese auch für den Vertrieb an Restaurants auf der ganzen Welt und für den hauseigenen Onlineshop von dem ausgezeichneten Chef-Sommelier und amtierenden Sommelier-Weltmeister Marc Almert ausgewählt.
Der neue General Manager Christian von Rechenberg ist ein sehr guter Gastgeber. Er kannte das Haus als Stellvertreter seit vielen Jahren, bevor er jetzt die Verantwortung übernahm. Er hat das Baur au Lac noch einmal kräftig verbessert.
Mir bleibt nur zu sagen: „Chapeau!“ an Andrea Kracht und seine Familie. Kracht hat die traditionsreiche Strahlkraft des Hauses als Besitzer sowie als ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender der Allianz The Leading Hotels of the World über Jahrzehnte aufrechterhalten.
Raths Reiserating (aktuelle Wertung gefettet)
1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino
Spazieren am Zürichsee: Am Ostufer an der Oper vorbei, geradeaus, bis man den Pavillon Le Corbusier des gleichnamigen Architekten kreuzt und durch die Parklandschaften des Chinagartens läuft. Hin und wieder zurück zum Hotel ist man rund eine Stunde unterwegs. Wem das nicht reicht, der findet Informationen zu unzähligen Wanderrouten im Internet oder an der Hotelrezeption. Wer keine Lust auf Laufen hat, kann sich im Hotel ein E-Bike leihen.
Bootsfahrt auf dem Zürichsee: Nur drei Gehminuten vom Hotel entfernt befindet sich der Bootsableger der Schifffahrtsgesellschaft Zürichsee. Seerundfahrten, Erlebnisfahrten von einer bis über drei Stunden werden hier angeboten. Es lohnt sich, den Zürichsee auch aus dieser Perspektive kennenzulernen.
Strandbad Mythenquai: Im Sommer an den Strand? Das geht nicht nur am Mittelmeer, sondern auch im Schweizer Mittelland. Rund 20 Minuten zu Fuß entfernt vom Baur au Lac können Sonnenanbeter die Tage auf dem 250 Meter langen Strandabschnitt oder der großzügigen Liegewiese des Strandbads Mythenquai verbringen. Mit unter zehn Schweizer Franken Eintritt eine preiswerte und erholsame Freizeitaktivität auf der Westseite des Zürichsees.
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