Portugal wird in den Ferienzeiten vor allem an den Küsten oder direkt in Lissabon von Touristenströmen überflutet. Resorts wie das São Lourenço do Barrocal und Sublime Comporta setzen im ländlichen Raum ökologische Trends und leben das Konzept des “slow travels.”
Portugal, der schmale Landstrich auf der iberischen Halbinsel, lief für mich und meine Reiseplanung bislang eher unter dem Radar. Das südeuropäische Reiseland fungierte häufiger als Zwischenstation denn als eigenes Reiseziel auf meiner Travel-Agenda. Das hat sich spätestens nach meinem letzten Aufenthalt geändert.
Klein, aber vielfältig und vor allem ökologisch durfte ich das Land mit seinen Facetten entdecken. Fernab der trubeligen Hauptstadt Lissabon und doch dicht genug an hippen Strandoasen und / oder in einer landschaftlich besonders reizvollen Gegend wollte ich meinen Portugalaufenthalt verbringen. Für Sie liebe Leser wurde ich fündig: Das São Lourenço do Barrocal und das Sublime Comporta sind zwei außergewöhnliche Hotelkonzepte der portugiesischen Art. Doch ob diese immer meinen Geschmack getroffen haben? Das lesen Sie im Folgenden…
São Lourenço do Barrocal – Vom Bauerndorf zum Luxusresort?
Das Märchen von einem armen Bauerndorf, dass sich in ein Luxus-Resort verwandeln möchte, klingt fast ein bisschen zu schön, um wahr zu sein. In Deutschland und Österreich habe ich sehr gute Erfahrungen mit derartigen Hotel-Visionen erlebt und fahre daher voller Vorfreude in das São Lourenço do Barrocal.
Meinen ersten Eindruck von den Hotels erhalte ich immer direkt bei meiner Ankunft. Auf dieser Reise eröffnet sich nach 2-stündiger Fahrt vom Flughafen Lissabon eine grüne, endlose Weite vor meinen Augen. So stelle ich mir ein wahres Hideaway vor. Noch bevor ich das 5-Sterne Resort São Lourenço do Barrocal betrete, begeistert mich die bis heute landwirtschaftlich genutzte Fläche. Auf rund 800 Hektar werden Biogemüse, diverse Obstsorten und Wein angebaut. Es sind 8 autochone und internationale Rebsorten, wie ich später lernen darf. Außerdem entdecke ich Olivenbäume, aus deren Früchten regionales Olivenöl produziert wird. Das macht Lust auf die angebotene Kulinarik im Haus. Kühe grasen auf den Wiesen. Gemeinsam mit Luisitano-Rassepferde komplettieren sie die portugiesische Postkartenidylle.
Eine Herausforderung aller Hideaways ist es, den natürlichen Charme der Umgebung nahtlos in das Haus selbst zu integrieren. Das gelingt José Antonio Uva hervorragend, wie ich finde. In 8. Generation führt er dieses Haus, das heute eines der Leading Hotels of the World ist. Seit 200 Jahren befindet sich das Anwesen im Besitz der Familie Uva. Ganze 14 Jahre haben die Renovierungsarbeiten und der Umbau des einstigen Gutsdorfes zu einem Hotel angedauert, so dass es schließlich 2016 eröffnen konnte. Der portugiesische Architekt Souto de Moura hat ganze Arbeit geleistet. Ich übernachte in einem Zimmer direkt im Hauptgebäude. Wer noch mehr Privatsphäre sucht, kann sich eines der insgesamt 16 Cottages reservieren. Die Ruhe meines Zimmers ist wohltuend und inspirierend. Die Terracotta-Ziegelböden sind genauso handgefertigt wie die Holzmöbel. Die liebevoll hergerichtete bunte Wolldecke verfestigen mein Bild von portugiesischem Charme. In den weiß getünchten Wänden liegen 200 Jahre Historie verborgen und bekommen heute noch einen weiteren, sehr erfreuten Gast zu Gesicht. Die Bauweise ist passend zum gesamten Konzept nachhaltig. Das Dach wurde beispielsweise mit alten und neuen handgefertigten Ziegeln verstärkt. Die Holzfensterläden sind upgecycelt, wies es neudeutsch so schön heißt. Überall begegnen mir liebevoll positionierte Elemente, die der Historie Tribut zollen, wie alte Familienbilder.
Der Service ist sehr herzlich und zuvorkommend. Der Guest Relations Manager Ricardo kümmert sich liebevoll um seine Gäste. Er sorgt zu jeder Tageszeit dafür, dass alles smooth läuft. Eine Tour durch die Weinberge? Ricardo organisiert sie zur Wunschzeit. Oder doch lieber ein Elektro-Bike? Steht wie bestellt abfahrbereit vor meiner Tür. “I don’t take orders from my boss. I take orders from my guest.” Mit dieser Hingabe an den Service verschafft Ricardo mir ein ganz besonderes Gasterlebnis. Wenn Sie sich für die sportliche Variante mit dem Bike entscheiden, dann empfehle ich Ihnen auf die Hügel in Richtung des Stausees, dem Alqueva-See, zu fahren und die Aussicht über die steppenähnliche Landschaft zu genießen.
Nach meinem Ausflug sehne ich die Dinnertime herbei. Chefkoch José Júlio Vintém pflückt meine bestellten Tomaten und erntet den Salat im Farm-to-Table Restaurant servierfrisch. Ein gesunder Hochgenuss. Auch die Frühstückszutaten am nächsten Morgen sind allesamt frisch aus dem Garten, gesund und schmecken nach portugiesischem Sommer.
Rath`s Reise-Rating:
- Ausdrückliche Reisewarnung
- Besser als unter der Brücke
- So la-la, nicht o-la-la
- Meckern auf hohem Niveau
- WENN’S NUR IMMER SO WÄRE
- Ganz großes Kino.
Wunderbar entspannt fahre ich in mein zweites portugiesisches Landabenteuer und stelle das Navi auf den Atlantik in Richtung Sublime Comporta ein. Je näher ich der neuen Location komme, desto mehr offenbart sich die facettenreiche Landschaft Portugals: Das Sublime Comporta liegt auf einem 17 Hektar großen Anwesen und wird von Kiefern und Korkeichen, Sanddünen, Weinbergen, Reisfeldern und über 60 km unberührten, weißen Sandstränden umgeben. Kann das Erlebnis im São Lourenço do Barrocal noch getopped werden?
Sublime Comporta – Mehr Hype als Service
Auf meinen Reisen nach Portugal habe ich immer einen Ort gesucht, der mein Bild von der Natürlichkeit des Landes verkörpert. Die Umgebung beeindruckt mich und hält sich doch hinter der Eleganz der Architektur des Hotels leise im Hintergrund. Diese Idylle liegt nur eine Stunde Autofahrt von Lissabon entfernt. Wer also die Ruhe nach einem trubeligen Citytrip sucht, der ist hier genau richtig. Und das ganz ohne weit zu reisen.
Doch mein erster Eindruck wird gedämpft: Ich übernachte in einer Lodge, inmitten von 2.000 Jahre alten Olivenbäumen. Klingt irgendwie romantisch. Mein Zimmer verfügt über eine große Terrasse von der aus ich in die karge Landschaft schaue schaue. Manche mögen es. Mir wäre es zu trocken. Denn: Einige Villen nennen auch einen Pool ihr Eigen. Das ist schon eher mein Geschmack, bei meiner nächsten Buchung achte ich darauf. Die Villen sind ordentlich ausgestattet: edle Parkettböden, eine abgehangene Decke, charmant-rustikale Möbel. Doch Sie merken es bereits: Der letzte Funke, der mich in Begeisterung entflammen lässt, mag einfach noch nicht überspringen.
Der Service im Restaurant ist gut, die Küche mit eigens angebauten Zutaten schmeckt exzellent. Meine Empfehlung: Ordern Sie das Tatar als Vorspeise. Es schmeckt wirklich großartig. Als Hauptgang ordere ich Fisch. Auch dieser schmeichelt meinem Gaumen. Es könnte alles perfekt sein in dieser abgeschiedenen Idylle. Doch einige Punkte irritieren mich.
Da ist zum einen das Frontoffice. Die Professionalität macht selbst gerade Urlaub oder eine ausgedehnte Pause. Ich muss sie zumindest eigenhändig suchen und bitte mehrmals um Hilfe. Mein Zimmertelefon funktioniert nicht, was fatale Auswirkungen hat. Ich muss einen Abholservice telefonisch bestellen. Das kenne ich anders. Normalerweise wird den Gästen ein Golfwagen in einem weiträumigen Resort zur Verfügung gestellt, mit dem sie dann eigenständig fahren können. So lege ich ungeplanterweise mehrmals eine Sporteinheit ein und lauf den knappen Kilometer zu Fuß zur Rezeption. Bei den ländlichen Wegen eine Herausforderung, das Fortkommen ist auf dem zuweilen staubigen Land äußerst mühsam.
Das Frühstücksbuffet ist sehr einladend und schmackhaft. Ich wähle aus vielen frischen Obstsorten meinen gesunden Start in den Tag. Doch auch hier ein Manko: Niemand spricht englisch. Ich habe vier Kellner angesprochen und nach einem Kaffee gebeten. Mein Tipp: Setzen Sie sich möglichst weit weg von der Bar. Der Lärm der Kaffeemaschine lässt Sie Ihr eigenes Wort nicht mehr verstehen.
Sicher, es sind Kleinigkeiten. Doch diese summieren sich und formen am Ende das Bild, was ich von diesem Haus habe. Ein durchwachsenes Bild, das zum jetzigen Zeitpunkt noch Luft nach oben lässt. Der Hype erschließt sich mir (noch) nicht.
Rath`s Reise-Rating:
- Ausdrückliche Reisewarnung
- Besser als unter der Brücke
- SO LA-LA, NICHT O-LA-LA
- Meckern auf hohem Niveau
- Wenn’s nur immer so wäre
- Ganz großes Kino
Fazit: Ländliche Luxus-Hotellerie liegt im Trend, doch der Service bleibt zuweilen auf der Strecke
Zwei ländliche Regionen, zwei ökologisch inspirierte Hotelkonzepte und doch zwei ganz unterschiedliche Gasterfahrungen. Im Sublime Comporta springt der Funke nicht gänzlich über. Der Punktabzug in Sachen Service wiegt schwer. Das São Lourenço do Barrocal hingegen begeistert mich samt umgesetzter Öko-Idee. Wieder kommen werde ich dennoch in beide Häuser. Denn ich freue mich schon auf die Weiterentwicklung der wunderbaren Juwele im Herzen Portugals.