NEXT GEN Hotelier des Jahres und Unternehmer Jan Bolland beweist mit dem Papa Rhein, wie sich unternehmerischer Mut auszeichnet. Hotel-Idee und Konzept navigieren erfrischend anders durch das Rheintal, gewürzt mit einer außerordentlichen Prise Kulinarik.
Heimatzeit. Das ist der Marketingslogan des Papa Rheins. Wie Sie wissen, beeindrucken mich reine Slogans nicht. Mich interessierten die Strategien und die wirklichen Geschichten, die sich dahinter verbergen. Das Erlebnis, dass ich als Gast am Ende des Tages mitnehme, ist entscheidend. Umso besser, wenn Marketing und finales Erleben harmonieren.
Jan Bolland, der 101 Beste Hotelier des Jahres der nächsten Generation, versteht es wie kein anderer, seine Vision in die Tat umzusetzen. Er hat den in diesem Jahr erstmals ausgerufenen Preis für die Nachwuchsgeneration der Hoteliers gewonnen – Sehr verdient, wie ich finde.
Als Sohn einer Hoteliersfamilie agiert er seit langem selbstständig und verwandelte zum Beispiel ein ehemaliges Kloster in einer geradezu unscheinbaren Gegend zu einem gefragten Spa-Resort. Das Marienhöh, Hideaway und Spa, wurde im Hundsrück aufwändig renoviert und beherbergt nun statt Nonnen erholungssuchende Gäste. Marienhöh in dieser Lage zu etablieren – das muss man erst mal touristisch hinbekommen. Die Hotellerie ist ein Teil seiner DNA sagt Jan Bolland von sich selbst. In bereits vierter Generation begeistert seine Familie Gäste. Der Fokus auf effektives Marketing liegt dabei in der Geschichte der Unternehmer-und Hoteliersfamilie begründet. 1907 gründete Jan`s Urgroßvater ein Naturheilkunde Resort, da er selbst an einer seltenen Art von Neurodermitis litt. Eigentlich war er Metzger. Für die damalige Zeit ging er einen mutigen und revolutionären Weg, der von baldigem Erfolg gekrönt war. Doch: Von heute auf morgen fiel die Kundschaft weg. Notwendige, mehrwöchige Gesundheitskuren mussten plötzlich von den Gästen selbst getragen werden, da die Krankenkassen keine Zuschüsse mehr bewilligten. Eigentlich ein Desaster für ein Kurhotel, dass sich auf eben diese Gäste spezialisiert hat. Doch mit dem gekonnten Einsatz der richtigen Worte, gelang es Bolland und seiner Familie einen neuen Gästestamm aufzubauen und seine Stammkunden auch weiterhin zu inspirieren. Die Idee Medical Health Resort war geboren – dieses Konzept gilt mittlerweile als eines der erfolgreichens der Luxus-Hotellerie. Dank den Bollands.
Jetzt hat Jan Bolland sich eines der schönsten Plätze am Rhein ausgesucht: das Papa Rhein. Braucht ein Haus wie dieses Marketing-Slogans? Für mich nicht unbedingt, denn ich spüre seit jeher eine starke Verbundenheit mit diesem Ort. Im Grunde genommen beginnt hier meine ganz eigene Geschichte, denn unweit von hier bin ich geboren. Allein der Name Papa Rhein verströmt eine freundliche Einladung an alle, die das Geerdete und doch auch das Besondere suchen. Direkt vor dem Haus liegt der wilde Rhein. Die satt-grünen Weinberge gegenüber. Anliegende Burgen komplettieren die Rhein-Romantik. Doch bevor ich mich in weitere Schwärmereien verliere, lassen Sie mich mehr über das Haus erzählen.
Das Gefühl von Abenteuer und Freiheit wie auf hoher See an Land – das nautische Konzept vom Papa Rhein
Das Papa Rhein in Bingen erinnert mich an Skandinavien. Nur etwas weiter südlich. Anstelle der Ostsee bringt der Rhein die Sicht zum Fließen. Das Hotel ist im Grunde kein Hotel sondern ein Schiff, dass an Land gestrandet ist. Man duzt sich wie auf den großen Schiffen dieser Welt. Die Mitarbeiter arbeiten als Crew fest zusammen. Alles ist durchdacht und vor allem zu Ende gedacht. Mein Zimmer ist selbstverständlich kein Zimmer im herkömmlichen Sinne, sondern eine Koje. Nur zum Glück sehr viel größer und komfortabler und nicht so gewollt wie beim bereits umgesetzten Konzept im Barefoot Hotel von Til Schweiger an der Ostsee.
Der unschöne Seegang bleibt mir erspart. Das Gefühl von Freiheit und Abenteuer wie auf den Meeren des Welt genieße ich hingegen inmitten von sandigen Tönen der Einrichtung mit einem großartigen Weitblick über den Rhein in vollen Zügen. Ich entdecke sogar eine kleine Truhe, eine Schatztruhe versteckt in der Lobby. Auch den Sand unter den Füßen spüre ich – rund um die Bootshaus-Bar ist eigens dafür ein Bereich mit feinkörnigem Sandstrand aufgeschüttet. Ich creme mich vorsichtshalber auch im Hotel ein – vermutlich ist die Sonneneinstrahlung auch wie auf hoher See intensiv, ohne, dass man es merkt… Auf wasserfeste Kleidung verzichte ich allerdings.
Gesunde Pure Cuisine von Nils Henkel
Vom allerersten Moment an, an dem ich “an Board” verbringe, habe ich das Gefühl in See zu stehen. In eine See voller unglaublicher Service-Gesten und Finessen. Apropos Finessen: Ich freue mich ganz besonders auf mein Dinner im Restaurant. Skandinavische Gemütlichkeit und Stil, oder neudeutsch “casual atmosphere”, herrschen hier vor. Vor allem das Wiedersehen mit Nils Henkel, einem der wohl talentiertesten vegangen und vegetarischen Sterne-Köche Deutschlands. Ein Missverständnis – Er kann Fisch und Fleisch wie kaum ein zweiter aber eben auch Flora und Fauna. In seiner Pure Nature Cuisine kombiniert er frisches Gemüse mit Herbs. Ab und zu schwimmt ein Fisch als Beilage vorbei. Sterneambitionen hat der Profi-Koch und ehemalige Sternenträger (3 Michelin-Sterne) keine mehr. Vielmehr konzentriert er sich darauf, seine Gäste zu begeistern und die Gaumen zu verwöhnen. Das gelingt ihm immer wieder erneut. Auf meinem Teller finde ich ein Kunstwerk, das ebenso wunderbar und vor allem bunt schmeckt. Von mir bekommen seine Kreationen 6 Rath Sterne.
Übrigens einige seiner streng gehüteten Rezepte finden Sie im Helios-Kochbuch mit von Sterneköchen inspirierten Gerichten zum Nachkochen unter: https://www.helios-kochbuch.de/
Fazit: Per Du mit der Crew – demokratischer und herzlicher Luxus
Das Papa Rhein ist für mich der Inbegriff des demokratisierten Luxus. Im positivem Sinne. Hier trifft sich Greti und Pleti gleich neben Fürst und Prinzessin. Das Team und die Gäste sind per Du. Das verbindet, schafft eine herzliche Vertrautheit und freundliche Atmosphäre. Diesen frischen Unternehmergeist wünsche ich mir häufiger in der deutschen Hotellerie-Landschaft. Sicher, neue Konzepte erfordern Mut. Setzen aber auch neue Nuancen und überraschende Erlebnisse für den Gast. Dieser entscheidet in letzter Instanz über den Erfolg oder MIsserfolg eines Hauses. Meine Bewertung in diesem Fall: Das Schiff fährt auch weiterhin volle Kraft voraus!
Und betriebswirtschaftlich kommt der Hotelier des Jahres 2022 aus dem Lachen nicht mehr heraus – verdient!
Rath`s Reise-Rating:
- Ausdrückliche Reisewarnung
- Besser als unter der Brücke
- So la-la, nicht O-la-la
- Meckern auf hohem Niveau
- Wenn`s nur immer so wäre
- GANZ GROSSES KINO. SERVICE AHOI!