La Dolce Vita hinter dicken Mauern: Hotel Castello di Reschio

Copyright: Castello di Rechio

Architektonisches Meisterhandwerk und unternehmerischer Mut, wie er in keinem Lehrbuch steht: Das Projekt Castello di Reschio zeigt anschaulich, wie aus einem fast vergessenen Landstrich ein Kleinod mit internationaler Klasse entsteht.

Bezaubernde Burgfräulein, zünftige Burgfeste und deftiges Essen, das aus Tongefäßen serviert wird: Immer Mal, wenn ich hinter dicke Schloss- und Burgen-Mauern treten darf, dann staune und sinniere ich über vergangene Zeiten. Spätestens, seit die “Die 101 besten Hotels Deutschlands” Hotels in der Kategorie “Hotels in historischen Gemäuern” prämieren, kenne ich einige sehr geschichtsträchtige Gebäude. Nach außen tragen sie mit Stolz ihre alte Fassade, während sie nach innen den Glanz der Neuzeit präsentieren. Doch dieses Anwesen, das ich bei meinem letzten Besuch in Italien erleben darf, schreibt Hotelgeschichte noch einmal neu.

Im wunderschönen Umbrien, das grüne Herz Italiens, entdecke ich auf einer leichten Anhöhe das wahrscheinlich schönste Fort, was ich in meinem Leben je erlebt habe. Sie werden mich selten so sprachlos sehen, wie an diesem verwunschenen Ort. Die alten Mauern des Castello di Reschio stehen seit 1050 am selben Platz. Grüne Bäume, Zypressen und Kiefern, umringen das alte Gemäuer, das schon zahlreiche Gäste beherbergte. Ich fühle mich in meinen weißen Sneakern etwas underdressed und wünsche mir ein schweres Schild samt Ritterrüstung, als ich die Auffahrt entlang gehe. Doch meine Phantasie geht abermals mit mir durch. Das Innere überrascht und zwar ganz neuzeitlich und unternehmerisch…

Castello di Reschio – Wenn unternehmerischer Mut belohnt wird

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Stilvoll. Liebevoll. Voller Glanz und Glorie. Diese Worte brennen sich nach dem ersten, dem zweiten und den vielen weiteren Eindrücken ein, die ich aus diesem Anwesen mitnehme. Zum Glück entdeckte Graf Antonio Bolza, der heutige Besitzer des Castellos, 1994 das Anwesen. Eigentlich war es ein Zufall, doch ich glaube nicht an zufällige Begegnungen. Die damalige Landschloss-Ruine und umliegende Gebäude suchte einen Besitzer und zog den Grafen Antonio magisch an. Quasi aus dem Nichts, aus unberührtem Land und zerfallenen Ruinen gestaltete er eine Infrastruktur.

Er renovierte gemeinsam mit seinem Sohn Graf Benedikt in den letzten 20 Jahren die verfallenen Stallungen, verstreuten mittelalterlichen Farmhäuser und das Fort liebevoll. Heute bewohnen wohlhabende Familien aus der ganzen Welt die entstandenen Villen. Einige von ihnen werden stehen für Mieter zur Verfügung. Das Fort dient als Familiensitz und Gästeunterkunft. Umbrien war lange Zeit als Armenhaus Italiens bekannt. Was in den Hügeln von Reschio einst passierte, wissen vermutlich nur die Hügel selbst. Dank einer antiken Figur, die an den oberen Hängen von Reschio entdeckt wurde, weiß man zumindest, das hier einst die Etrusker herrschten. Der Name Reschio selbst leitet sich vermutlich von Resculum ab, dem lateinischen Namen für Festung, ab.

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Heute beherbergt dieses Land das wohl schönste Juwel des südlichen Europas: das Hotel Castello di Reschio, in dem ich nun für ein paar Tage residiere.

Die Bezeichnung “Hotel” ist unpassend. Einfach zu schüchtern. Dieser Ort ist wie ein zu Hause, obwohl ich vorher noch nie diesen mediterranen Boden berührt habe. Graf Antonio gestaltete das Landhaus ursprünglich als eigenes Familienzentrum. Die großzügigen Dimensionen verleiteten ihn dazu, auch Gäste aufzunehmen. Menschen aus der ganzen Welt sind einladen, die traditionelle Werte zu erleben. Bis heute nutzt der Graf mit seiner Familie das Anwesen selbst. Sportlich reitet er seine Pferde aus den beiden hauseigenen Reitställen und begrüßt jeden, der ihm begegnet, als Freund des Hauses. Soviel Nähe hinter dicken Mauern habe ich nicht erwartet. Sie berührt mich ebenso wie jeder einzelne Raum, den ich erkunde.

Vermutlich liegt dieses Flair auch darin begründet, dass sich das Fort bzw. sein Betrieb als Familienunternehmen gestaltet. Count Benedikt kümmert sich als renommierter Architekt vom Entwurf bis zur Umsetzung persönlich um die  denkmalgeschützten Gebäude und designt die dazu passenden Möbel. Wer weiß besser, welches Stück an welchen Platz gut aufgehoben ist, als ein begabtes Familienmitglieder der Eigentümer? Übrigens: Die exquisiten Möbelstücke und Leuchten sind auch unter dem Label Benedikt Bolza Design im Internet erwerbbar.

Ich entdecke für alte Landschlösser typische Orte, die optimal renoviert und für heutige Ereignisse genutzt werden. So befinden sich innerhalb der Mauern zwei miteinander verbundene Höfe, die vermutlich früher dem gesellschaftlichen Zusammenkommen dienten. Heute ist einer von ihnen mit Glas umhüllt und fungiert als edler Palmenhof. Ein Ort für ruhige Stunden und Erholung bei einem frisch gebrühten Espresso. Während der andere dank perfekter Akustik Schauplatz von Konzerten, Vorträgen und künstlerischen Veranstaltungen ist.

Copyright: Castello di Rechio

Ein weiterer, besonderer Ort ist das Badehaus. Perfekt für eine wohltuende Auszeit verbirgt sich im alten Weinkeller des Schlosses ein modernes Spa im antik-römischen Stil. Die antiken Steinmauern dämpfen das Licht wohltuend. Ich tauche in den Salzwasserpool und vergesse die Hektik meiner Anfahrt. In der traditionellen Sauna aus mediterraner Eiche fallen alle Gedanken an den nächsten Tag wie von selbst ab, versprochen!

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Nichts ist dem Zufall überlassen. Für einen flüchtigen Moment dachte ich, dass die gestickten Initialen auf Kopfkissen, Handtüchern und Decken “C.K.R.” – also meinen Namen bedeuten. Sie stehen natürlich für Castello di Reschio. Ich scheine also hierher zu gehören. Die Zimmer sind alle sehr individuell mit eigens designten Möbeln und Antiquitäten ausgestattet. Trotz oder vielleicht auch gerade durch die gedeckte Farbwahl verströmen die Räume ein sehr einladendes, behagliches Flair. Sicherlich auch dadurch bedingt, dass keine künstlichen Lichtquellen eingesetzt werden, wo sie nicht unbedingt erforderlich sind. Ich jedenfalls fühle mich sehr wohl in meiner großzügigen Suite. Die Tür ist sieben cm dick, so dass kein störender Lärm, kein Geräusch ins Innere dringt. Ich schlafe hier wie in der Stille eines Bergklosters, nur deutlich komfortabler.

Wenn das Service-Team schon weiß, was ich brauche, noch bevor ich es weiß

Wie sieht nun der Service hinter alten Schlossmauern aus? Herzlich und zuvorkommend! Ich möchte einen Ausflug in die Welt des Dolce Vitas nach dem Mittagessen unternehmen. Nach dem Lunch will ich daher pünktlich auf mein Zimmer gehen. Ich ordere meinen Espresso und bitte darum, diesen in den nächsten zehn Minuten zu servieren. Wohlwissend, dass 10 Minuten auch mal 30 Minuten in Italien dauern können reserviere ich mir ein Shuttle gleich dazu. Mit einem verschmitzten Lächeln sieht mich die Mitarbeiterin an und ruft mir freundlich zu: “Aber Herr Rath. Ihr Wagen steht für Sie bereit und erwartet Sie, wann immer Sie soweit sind.” So funktioniert Service auf Weltklasseniveau! Es ist eben nahezu so, als wäre ich nicht in einem Hotel, sondern zu Hause. Nur, dass die Wände deutlich dicker, und das Klima deutlich milder ist.

Das Dolce Vita schmecke ich übrigens im wahrsten Sinne des Wortes in den Restaurants und Bars des Anwesens. Für Ihren Start in den Tag empfehle ich Ihnen ein zeitiges Frühstück im Restaurante Al Castello auf dem Balkon. Dieser liegt im Westflügel und offeriert einen großartigen Blick über die hügelige oft noch nebeldurchtränkte Landschaft. Die klassische italienische Küche samt Ambiente genieße ich im ​​Ristorante „Alle Secuderie“. Meine selbstgemachte Steinoffenpizza, belegt mit frischem Gemüse und würzigem Käse schmeckt einfach grandios!

Das frische Gemüse stammt aus dem eigenen Garten. Doch was sage ich, es sind ganze Gartenlandschaften! In den letzten Jahren spezialisierten sich die Bolzas auf ökologischen Landbau ganz ohne künstliche Zusätze. Auf meinen Streifzügen über das Anwesen passiere ich Beerensträucher, Obstbäume und diverse Gemüsesorten. Natürlich fehlen auch die für Italien typischen Olivenhaine nicht. Auf den angebauten Sangiovese-, Ciliegolo-, Cesanese- und Merlot-Reben wachsen die Trauben für die hauseigenen, edlen Tropfen. An den Gärten der anliegenden Villen erkenne ich die Vorlieben der Eigentümer – Individualität wird nicht nur im Interior groß geschrieben, sondern auch in der Natur um die Häuser herum gelebt. Eine eigene Obstplantage? Ein eigener Weinanbau? Ein Herb-Garten? Die Wünsche der Hausbesitzer werden liebevoll in die Landschaft eingebettet und umgesetzt.

Fazit: Die Liebe zum Haus schwingt durch jede Mauer

Ich kenne die Mandarins und Four Seasons dieser Welt. Alles beeindruckende Häuser, keine Frage. Doch eines gibt es eben nicht aus dem Lehrbuch: Beseelte Tradition. Für die einen mögen Traditionsbewusstsein und gelebte Werte ein angestaubtes Image haben. Für mich sind es genau diese Aspekte, die einen Aufenthalt zu einem Erlebnis machen, an das ich noch lange zurück denke. Castello di Reschio ist ein Ort, der verzaubert, Demut lehrt und darüber hinaus übrigens auch zum Reiten einlädt, selbst wenn Sie eigentlich Angst vor Pferden haben…

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Rath`s Reise-Rating:

  1. Ausdrückliche Reisewarnung
  2. Besser als unter der Brücke
  3. So la-la, nicht O-la-la
  4. Meckern auf hohem Niveau
  5. Wenn`s nur immer so wäre
  6. Ganz großes Kino
  7. MEIN 7. STERN (DEN ES EIGENTLICH NICHT GIBT) HEISST AB SOFORT “DI RESCHIO”

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