Nachhaltigkeitspionier Sonu Shivdasani: „Wahrer Luxus berührt die Herzen der Menschen“

Der Gründer von Six Senses und Soneva über Nachhaltigkeit im Luxushotelgewerbe, seinen ganz individuellen Weg und die Chancen der Coronakrise.

Der indisch-britische Hotelier und Visionär Sonu Shivdasani gründete 1995 die Unternehmen Six Senses Resorts & Spa und Soneva. Zu Soneva gehören die Luxusresorts Soneva Fushi und Soneva Jani auf den Malediven sowie Soneva Kiri in Thailand. Der Pionier des nachhaltigen Luxuskonzepts sieht auch in der Coronakrise Chancen. „Wir haben die Krise in vielerlei Hinsicht besser überlebt als andere“, sagt Shivdasani.

Herr Shivdasani, vor 20 Jahren waren Luxus und Nachhaltigkeit schier unüberbrückbare Gegensätze. Sie leben seit vielen Jahren eine nachhaltige Strategie in Ihren Luxusresorts. Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für einen Gast heute?

Als luxuriös gilt ja im Allgemeinen, was besonders modern und neu glänzt.

Zumindest im städtischen Kontext gilt diese Definition noch immer. Bei Soneva bieten wir unseren Gästen ganz natürlichen Luxus und führen sie zurück zur ursprünglichen Schönheit unserer Welt. Ein klimatisiertes, urbanes Restaurant, welches von einem berühmten Innenarchitekten ausgestattet wurde, mag luxuriös anmuten. Schöne Bauten sind in der städtischen Umgebung aber nichts Außergewöhnliches mehr.

Natürlich gibt es noch Menschen, die Nachhaltigkeit und Luxus nicht in einem Zusammenhang sehen. Wenn unsere Gäste unsere Resorts auf den Malediven oder in Thailand besuchen, überzeugen wir sie schnell vom Gegenteil. Wahrer Luxus berührt die Herzen der Menschen, und genau das passiert hier in dieser abgelegenen Gegend. Wir sind nachhaltig, weil wir die Natur intensiv nutzen und täglich erleben. Unsere Gäste können die Sterne durch das größte Teleskop im Indischen Ozean sehen oder den Salat frisch aus dem Garten essen.

Die Welt und vor allem das Reiseverhalten verändert sich derzeit stark. Wie gehen Sie mit der Coronakrise um, und wie wirkt sich die Pandemie auf Ihre zukünftige Strategie aus? 

Jede Krise birgt Chancen, auch wenn sie sich nicht sofort zeigen. Ich liebe die chinesischen Schriftzeichen für Krise: Das erste Zeichen bedeutet übersetzt „Gefahr“, vor der man sich offensichtlich schützen muss. Das zweite Zeichen steht für „Chancen“ oder „Gelegenheiten“. Wir sind während der Coronakrise als Team viel enger zusammengewachsen, weil wir die schwierige Zeit gemeinsam erleben.

Alle Soneva-Ressorts liegen auf privaten Inseln oder sind völlig isoliert von der Öffentlichkeit. Das hilft in der Coronakrise.
(Foto: Alicia Warner)
Alle Soneva-Ressorts liegen auf privaten Inseln oder sind völlig isoliert von der Öffentlichkeit. Das hilft in der Coronakrise. (Foto: Alicia Warner)

Glücklicherweise sind all unsere Ferienorte private Inseln oder völlig isoliert von der Öffentlichkeit. Wir haben die vollständige Kontrolle darüber, wem wir den Zutritt zu unseren Ferienorten gestatten. Wir reagieren auf die wachsende Besorgnis der Reisenden und setzen einige der strengsten Protokolle der Malediven und Thailands um. Wir haben die Krise in vielerlei Hinsicht besser überlebt als andere. Das ist unter anderem auch auf unsere Unternehmenswerte zurückzuführen. Wir blicken weiterhin positiv in die Zukunft und kümmern uns um unsere Projekte.

Sie gründeten die Six Senses und führen jetzt Soneva. Was hat sich für Sie verändert? 

Six Senses ist eine übergeordnete Marke, eine Lifestyle Brand für die Luxushotellerie, unter der sich verschiedene Luxusresorts und Spas vereinen. Genau hier liegt der signifikante Unterschied: Mit meiner Tätigkeit als CEO und Gründer von Six Senses verwaltete ich Hotels, die von anderen geführt wurden. In Soneva sind wir die Eigentümer unserer Hotels. Luxus hat sich aus meiner Sicht sehr stark institutionalisiert, dass wirkt sich nicht immer positiv auf die Gastgeberwerte aus. Dieses Gefühl habe ich auch zuletzt bei Six Senses bekommen. Auf Soneva kreieren wir unseren eigenen, naturnahen Luxus. Das ist der Vorteil und die große Freiheit, wenn man gleichzeitig als Eigentümer und Betreiber agiert. 

Wie setzen Sie ökologische Werte in Ihrer Managementstruktur und bei Ihren Mitarbeitern um? 

Beständige Werte sind ein wichtiger Teil einer jeden Erfolgsstrategie. Ich gründete mit 26 Jahren mein Unternehmen. In diesem jungen Alter hatte ich noch wenig Führungserfahrung, stellte mich aber dieser Herausforderung. Zudem kämpften wir gegen viele Vorurteile. Die Menschen in unserer Umgebung dachten, wir mit unserer Fokussierung auf Umweltaspekte seien verrückt. Auf der anderen Seite haben uns auch viele Menschen ihr Vertrauen geschenkt. Mit unserem Konzept konnten wir damals etwas ganz Neues erschaffen. Auch unsere Art zu denken war anders.

Bei Soneva sind die Hotelangebote in die natürliche Umgebung integriert.
(Foto: Sandro Bruecklmeier)
Bei Soneva sind die Hotelangebote in die natürliche Umgebung integriert. (Foto: Sandro Bruecklmeier)

Wir begannen, Gleichgesinnte anzuziehen. Mein eigentlicher Titel ist offiziell CEO und Creative Director. Meine wichtigste Aufgabe ist es, die Unternehmenskultur zu fördern und vor allem unsere Werte und Philosophie zu bewahren und täglich zu leben. Unser Chief Commercial Officer zum Beispiel ist Veganer und hat eine sehr starke Umweltüberzeugung. Diese Einstellung kommt direkt aus dem Herzen und fügt sich in unser Konzept ein. Alle Teammitglieder haben ein starkes Commitment.

Wie haben Sie das Luxusresort Soneva ins Leben gerufen, und wie hat es sich zu einem der schönsten Anwesen der Welt entwickelt?

Gemeinsam mit meiner Frau Eva gründete ich Soneva Fushi 1995. Zu dieser Zeit studierte ich noch in Oxford. Die Malediven faszinierten mich sofort. Es ist ein wunderschönes Reiseziel mit einer erstaunlichen Geografie. Damals wurden die Malediven von deutschen und italienischen Gästen dominiert. Es gab nur ein Resort mit sehr einfachen Standards. Alles wurde importiert, auch das Gemüse. Die Besitzer hatten kein Kapital und holten Baumaterial vom Riff für ihre Häuser. Leider respektierten sie ihre Umwelt wenig. Ich kann das verstehen, denn wenn man von den Malediven kommt und sich nicht für den Ozean begeistert, schätzt man vielleicht nicht, was man sieht.

Wir beschlossen, etwas anderes zu tun, im Einklang mit der Natur zu leben und unseren ganz individuellen Weg zu verfolgen. Wir respektieren unsere natürliche Umgebung, holzen keine Bäume für unsere Villen ab und versorgen uns soweit wie möglich selbst. Mit unserem Resort konzentrierten wir uns auf den Reisenden, der nach einzigartigen Erfahrungen sucht und die Natur schätzt. Bei uns findet er den Raum in der Natur, für sich selbst und ein Stückchen Slow-Life. Gibt es etwas Schöneres?


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