Der Öschberghof und das Bachmair Weissach haben unterschiedliche Schwerpunkte und jeweils individuelle Philosophien. Doch ein Vergleich lohnt sich.
Im Ranking der besten Resorts in Deutschland mag Schloss Elmau zurzeit noch ganz weit vorn liegen. Doch schnell lässt sich feststellen: Die Konkurrenz hat aufgerüstet. Und das in beachtlichem Umfang. Der Vergleich mit Luxusanlagen in Asien oder der Karibik muss nicht länger gescheut werden. Und auch zur Alleinstellung von Schloss Elmau schließen andere Häuser fokussiert auf.
Neben dem Weissenhaus an der Ostsee und dem Severins auf Sylt machen vor allem zwei Resorts in Süddeutschland von sich reden. Beide haben unterschiedliche Schwerpunkte und jeweils individuelle Philosophien, und doch lohnt sich der Vergleich. Denn beide Hotels streben die gleiche Klientel an. Und so mache ich mich auf gen Süden, um hier im Öschberghof und im Hotel Bachmair Weissach herauszufinden, wo sich der Gast wohler fühlt.
Der Öschberghof: Zurück in die alte Heimat
Das Resort liegt in Donaueschingen im Schwarzwald. Einer Gegend, zu der ich eine ganz besondere persönliche Verbindung habe. Denn nicht unweit von hier habe ich meine Ausbildung gemacht und die Berufsschule besucht. So bin ich natürlich ganz besonders neugierig, wenn es in der Region neue Hotellerie-Konzepte zu entdecken gibt.
Der Öschberghof gehört der Familie Albrecht, die weniger für Grandhotellerie, sondern eher für Bodenständigkeit in Form der Supermarktkette Aldi bekannt ist. So wurde das Hotel nach der Eröffnung Mitte der 70er-Jahre auch salopp als „Filiale 53“ bezeichnet.
Von Discounter-Kultur könnte der Öschberghof allerdings nicht weiter entfernt sein. 2019 wurde nach mehr als drei Jahren Bauzeit Wiedereröffnung gefeiert. Über 55 Millionen Euro wurden in Sanierung und Erweiterung investiert. Das Ergebnis ist gelungen: Es gibt einen Spa auf Weltklasseniveau mit einer Gesamtfläche von 5000 Quadratmetern, Indoor– und Outdoor Pool sowie Fitnessanlagen. Alles in erlesener Qualität.
Hochkarätig sind auch die drei beziehungsweise zweieinhalb Golfplätze, die an das Resort angeschlossen sind. Hier lassen sich zweimal 18 Loch oder einmal 9 Loch spielen. Und für die hauseigenen Mountainbikes bietet die Region weit mehr als nur eine herrliche Strecke zur Ausfahrt.
Everybody’s Darling
Neben reinen Urlaubsfreuden wurde aber auch ein Tagungszentrum mit rund 1000 Quadratmetern gebaut. Ob Tagungen in einer Post-Corona-Zeit überhaupt noch einmal relevant werden ist fraglich. Doch das konnte man in der Planungsphase freilich nicht absehen. Es zeigt sich hier der Wunsch, Everybody‘s Darling zu sein – also wirklich alle Bedürfnisse und diverse Szenarien bedienen zu können.
Der Öschberghof hat von allem etwas. In manchen Bereichen von allem auch etwas viel. Das allerdings im besten Sinne und auf höchstem Niveau. Er ist Ferienresort, Golfhotel, Spahotel, Tagungshotel und, dank dem Fine Dining Restaurant Ösch Noir mit einem Michelin-Stern und 16 Gault&Millau-Punkten, auch Gourmet-Destination.
Die Mitarbeitenden sind extrem auf den Gast fokussiert und sehr schwarzwälderisch. Meine persönliche These lautet ja, dass in Baden-Württemberg das Gastgeber-Gen wesentlich ausgeprägter ist als in anderen Bundesländern. Das spüre ich auch hier wieder deutlich. Die Angestellten kommen in der Mehrheit aus der direkten Umgebung. Und auch wenn es ein insgesamt junges Team ist, sind viele der Mitarbeitenden schon lange dabei.
Wer sich, wie ich, in der Travelbranche gut auskennt und den Namen des Geschäftsführers liest, ist nicht mehr überrascht, dass die Prozesse im Öschberghof so optimal funktionieren und Gastgebertum sich hier in Reinform zeigt. Denn Alexander Aysenbrey ist als absoluter Experte bestens bekannt. Er war über viele Jahre der Vorsitzende der HDV, der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland, und setzt sich auf bundespolitischer Ebene immer für die relevanten Themen der Grandhotellerie ein. Seine fachkundige Führung kommt im Öschberghof voll zum Tragen.
Das Interior-Konzept des Hotels ist tadellos. Auf meinem Zimmer erwarten mich neben feinster Hardware viel helles Beige und helles Grau. Der Verbindung zur Natur wird in allen verbauten Materialien Rechnung getragen. Der Gast kann zwischen neun verschiedenen Kategorien hinsichtlich Zimmern oder Suiten wählen, sodass alle Ansprüche an Platz und Ausstattung erfüllt werden können.
Einziger Wermutstropfen sind für mich die teilweise vergitterten Fenster. Was ich erst für einen Schutz gegen tief fliegende Golfbälle hielt, ist aber tatsächlich architektonisches Detail. Denn der Golfplatz liegt auf der anderen Seite. Die Fassade wirkt so von außen zwar modern und elegant – Mir gefällt‘s dennoch nicht. Denn als Gast schaue ich in der Regel aus dem Fenster und nicht von außen hinein. Aber gut. Das mag eine Geschmacksfrage sein oder vielleicht auch Strategie. Denn umso mehr gefällt mir dann der Blick vom großen Balkon direkt auf den Golfplatz – der ist nämlich völlig uneingeschränkt.
Zur Hotelanlage gehören auch drei Fußballplätze. Zeitglich mit mir checkt der Bundesligist 1. FC Köln zum Training ein – die Jungs aus der Heimat lassen mein Fan-Herz höher schlagen. Und auch Bayern München ist Stammgast und schickt seine Champions-League-Sieger regelmäßig zur Saisonvorbereitung hierher. Die Landschaft, gute Luft und der Luxus, den der Öschberghof in allen Details zu bieten hat, sind neben den hoteleigenen Plätzen drei schlagkräftige Argumente.
Der Mensch macht das Hotel
In jedem Hotel, in dem ich zu Gast bin, gehe ich immer auf die Suche nach dem besten Mitarbeiter oder der besten Mitarbeiterin. Nach einem Ausnahmetalent, einer Person die während meines Aufenthaltes ganz besondere Gastfreundschaft an den Tag legt. Nicht immer werde ich fündig. Wie Sie an dieser Stelle schon des Öfteren lesen konnten, stolpere ich in manchen Häusern dann doch eher über UNfreundlichkeit oder zumindest UNwilligkeit und UNbeholfenheit.
Zu meiner großen Freude gibt es hier aber keine negativen „UN-Wörter”. Im Öschberghof finde ich ein echtes Supertalent. Sein Name? Ben Hortig. Nach einem angefangenen Bautechnikstudium merkte Ben schnell, dass er wahrscheinlich in der direkten Arbeit am Menschen, in diesem Fall am Gast, nicht nur erfolgreicher, sondern vor allem glücklicher sein würde. Parallel zum Hotelmanagementstudium hat er sich im Öschberghof zum Golf-Abteilungsleiter hochgearbeitet.
Um es kurz zu machen: Der Mann hat alles, was es braucht. Die richtigen Fähigkeiten im empathischen Bereich. Er ist aufgeschlossen, herzlich und für seine jungen Jahre beeindruckend knowledgeable, also fachkundig. Seine Ansprachen gegenüber seinen Mitarbeitenden sind auf den Punkt gebracht. Hier habe ich also wieder ein Talent gefunden, das ohne Zweifel einen erfolgreichen Weg in der Branche gehen wird. Für mich war er während meines Aufenthaltes der beste Repräsentant der Öschberg-Philosophie.
Bachmair Weissach: Glücksmomente am Tegernsee
Meine Reise geht weiter an den Tegernsee. Hier wirkt das Bachmair Weissach Resort äußerlich wie ein Gegenentwurf zur klaren, modernistischen Architektur des Öschberghofs. Hinter dem alte Charme mit viel Holz, Fensterläden, knarrenden Dielen und typisch bayerischer Geranienpracht auf den Balkonen verbirgt sich allerdings ein hochmodernes Resort.
Für mich zunächst gewöhnungsbedürftig ist die offensichtliche Liebe zur Farbe Orange. Dass eine Farbe, noch dazu eine, die so polarisiert wie Orange, sich so konsequent durch jeden Designaspekt – Logo, Interieur, Uniformen oder nun auch Corona-bedingt den Mund-Nasen-Schutz – zieht, habe ich in dieser Form noch nicht gesehen. Zumindest nicht in der Hotellerie.
Mich erinnern die Farben an die französische Luxusmarke Hermès. Und ich muss zugeben, auch bei mir verfehlt die Farbe ihre Wirkung auf Dauer nicht. Während meines Aufenthaltes freunde ich mich zunehmend mit ihr an, kurz vor der Abreise bin ich dann von dem vitalisierenden Ton geradezu begeistert.
Das Bachmair Weissach ist ein Haus mit Geschichte. 1862 eröffnet, ist es der älteste Gasthof am Tegernsee. Selbst der König von Bayern zählte früher zu den Stammgästen. Trotz seiner Größe wirkt es familiär und immer authentisch. Das liegt auch an Eigentümer Korbinian Kohler. Vor zehn Jahren hat er das Haus übernommen, er kennt es allerdings seit frühester Kindheit. Schon der Großvater war regelmäßig zu Gast.
Mit dem Bachmair Weissach hat er sich einen Lebenstraum verwirklicht. Alle Möbel, Stoffe und Materialien hat er eigens für das Hotel entwerfen lassen, vieles stammt aus der Region. Es verknüpft das Angebot eines Grandhotels mit der Privatsphäre und Herzlichkeit eines Boutiquehotels. Das Lebensgefühl „Tegernsee“ an die Gäste weiterzugeben ist das erklärte Ziel des Resorts. Man will „Glückmomente, die einfach ein bisschen länger dauern“ vermitteln.
Die Vielfalt steht im Vordergrund
Die besten Voraussetzungen dafür sind erfüllt. Denn was dem Resort, neben der großen Liebe zum Detail, seinen besonderen Charakter gibt, ist die Natur. Schöner kann ein Idyll fast nicht sein: der rauschende Bach, die alten Apfelbäume, der Tegernsee und dazu die oberbayrischen Berge mit ihren blühenden Almwiesen und zahlreichen Wandermöglichkeiten.
Um die Vielfalt der ganzen Anlage wirklich zu begreifen, braucht es einige Zeit an Aufenthaltsdauer oder aber eine genaue Vorbereitung. Denn um den Tegernsee herum verteilen sich viele Attraktionen, die zum Haus gehören. So zum Beispiel eine eigene Hütte plus kleinem Hotel auf dem Wallberg. Oder Seesuiten in eigenen Pavillons mit Klubhaus und eigener Gastronomie direkt am Wasser. Nicht zu vergessen das Hotel Bussy Baby, das eine jüngere Zielgruppe anspricht, und eine Vielzahl an feiner Gastronomie.
Was sportliche Betätigung angeht, kann ich hier als Gast aus dem Vollen schöpfen: Reiten, Golfen, Yoga, Wassersport – alles wird auf höchstem Niveau angeboten. Als meinen persönlichen Lieblingsort im ganzen Resort habe ich den Whirlpool direkt am See auserkoren. Das Wetter spielt während meines Besuchs nicht ganz mit, aber hier im Regen mit einem guten Cocktail zu entspannen – einfach unbezahlbar.
Eins der großen Highlights ist auch in diesem Hotel der Spa, der mir noch einen Hauch besser als im Öschberghof gefällt. Die hoteleigene Beschreibung von „japanisch inspiriert“ ist in meinen Augen eine Untertreibung. Mich erinnert der Spa an meine Zeit für Ritz-Carlton in Osaka. Was die Qualität von Wellness-Kultur angeht sind die Japaner bekanntermaßen kompromisslos.
Und so ist auch hier die Hardware vom Feinsten, und die Produkte sind hochexklusiv – als Gast habe ich die Wahl zwischen den regionalen, rein pflanzlichen Produkten von Susanne Kaufmann oder der japanischen Premiummarke Shiseido. Allein das Personal könnte einen Hauch diskreter sein. Daran muss man hier noch arbeiten.
Dass ich vor einem gebuchten Treatment gemeinsam mit anderen Gästen in einem Raum warte, ist normal. Nicht gut ist, dass die Therapeuten die einzelnen Gäste dann mit ihren Beschwerden ansprechen. Gäste werden hier laut zu ihrer Antistress- oder Schwangerschaftsmassage aufgerufen. Das sind ganz klar intime Details, die man dezenter handhaben muss, damit sich auch jeder Gast wohlfühlt. Wie offenherzig ich mit meinen Behandlungen umgehen möchte, liegt schließlich nicht im Ermessen des Hotels.
Ein Statement für Individualität
Das Bachmair Weissach ist Mitglied der Design Hotels. Vor gut 15 Jahren zählte die Gruppe sicherlich zu den innovativsten Organisationen im Bereich der internationalen Hotellerie, die spannende Produkte zusammenbrachte und ein neues Verständnis für Design im Tourismus etablierte. Sie galt als Gütesiegel für zeitgemäßen Stil und individuellen Charakter, in anderen Worten: für guten Geschmack.
Nach diversen Übernahmen, erst von Starwood, das dann wiederum im Marriott Konzern aufging, sind die Design Hotels als Gruppe – das muss man leider sagen – in der Mittelmäßigkeit angekommen. Wie lange sie in diesem Verbund überhaupt noch bestehen werden, ist fraglich. Denn immer mehr Häuser verlassen die Gruppe.
Auch im Bachmair Weissach ist der Ausstieg beschlossene Sache. Dem Riesen Marriott wird das finanziell keinen Schaden zufügen, dennoch wäre es den verantwortlichen Managern ans Herz zu legen, die Tatsache zu überdenken, dass Luxus eben immer Individualität und niemals Gleichmacherei bedeuten kann.
Mein Fazit
Beide Hotels sind großartig und eine Reise wert. Das Golfangebot in Donaueschingen ist spektakulär und ein absolutes Herausstellungsmerkmal. Wo der Öschberghof mit seinen klaren Linien eine Design-verwöhnte Klientel anspricht, überzeugt das Bachmair Weissach mit individuellem Charme und einer großen Portion Herzenswärme. Die hat mir im Öschberghof teilweise gefehlt, vor allem im Ösch Noir war mir der Service definitiv zu steif für ein modernes Ferienresort und erinnert eher an die steife Gourmetkultur der 90er-Jahre.
Das Bachmair Weissach versteht sich dagegen als Mehrgenerationen-Resort – für mich einer der zukunftsfähigsten Ansätze für die Luxus-Hotellerie. Tagsüber vertreiben sich vier Generationen mit individuellen Aktivitäten die Zeit, abends trifft sich die ganze Familie dann wieder zum Dinner. Das wird auf Schloss Elmau bereits erfolgreich umgesetzt und funktioniert auch am Tegernsee gut. Dafür könnte man in der regionalen Ausrichtung noch konsequenter sein. Wenn Produkte aus der Region zum Konzept gehören, sollte die Butter beim Frühstück nicht aus Frankreich kommen.
Ob es eines der beiden Hotels oder eventuell sogar beide in die Rangliste der 101 besten Hotels Deutschlands geschafft haben, können Sie am 21. November nachlesen.