Das Severin’s auf Sylt verbindet Luxus mit unverkrampfter Herzlichkeit. Für den Gast heißt es hier: Durchatmen direkt am Wattenmeer.
Eine Frage zu Anfang: Woran denken Sie, wenn Sie das Wort „Nordsee“ hören? Wenn Sie jetzt die Augen schließen und sich einsame Strände, salzig-rauen Wind im Dünengras und einen endlos weiten Himmel über den Wellen ausmalen – dann sind Sie dem Erlebnis Severin’s Resort & Spa auf Sylt direkt ein kleines Stück näher.
Denn schöner kann ein Inselhotel landschaftlich wirklich kaum gelegen sein: direkt am Wattenmeer auf der Ostseite der Insel, dahinter erstreckt sich das beschauliche Fischerdörfchen Keitum mit seinen malerischen Gärten, reetgedeckten Häusern und alten Bäumen. Allein die Location macht das Fünf-Sterne-Resort zu einem traumhaften Hideway inmitten der herrlichen Sylter Natur.
„Ankommen, Durchatmen und Wohlfühlen“, so das Motto des Severin’s. Alle drei Komponenten stellen sich bei meiner Ankunft quasi von ganz allein ein. Den Empfang übernimmt Hoteldirektor Christian Siegling persönlich. Dass es sich hier immer noch um einen Check-in Prozess handelt, nehme ich fast gar nicht wahr. Es gibt einen Kaffee, dazu ein wirklich angenehmes Gespräch fern aller Floskeln oder Belanglosigkeit. Erste Wünsche werden direkt proaktiv abgeklopft.
Siegling erzählt von der Insel, fragt, ob Spa-Treatments gebucht werden sollen und dank einer Partnerschaft mit Mercedes steht für meinen Aufenthalt schon das neueste AMG-Modell bereit – übrigens kostenlos. Das ist Luxus pur, den ich auf so einem entspannten, unprätentiösen Niveau wirklich selten erlebe.
Von den typischen Sylt-Klischees irgendwo zwischen Düsseldorfer Schickeria, Hummer und Magnum-Champagner keine Spur. Luxus ist hier herzlich und wunderbar selbstverständlich. Keine verkrampft zur Schau gestellte Dekadenz, sondern echte Freude an herausragender Qualität, exzellentem Service und Wertschätzung gegenüber dem Gast.
Harmonische Architektur – und ein europäischer Rekord
Genau wie der Empfang ist auch das Zimmer freundlich und hell. Ein stilvoller Mix aus frischen, nordischen Elementen, edlem Holzboden und modernem Landhausstil – alles passt perfekt ins Konzept. Auch die Details lassen keine Wünsche offen: frische Blumen, Obst, Duftkerzen und ein offener Kamin – hier ist in der Tat alles auf Wohlfühlen, Entschleunigen und Genießen ausgerichtet.
Das Severin’s Resort & Spa wurde bereits Ende 2014 eröffnet, wirkt allerdings wie nagelneu. Ich sehe keine Schramme, Macke oder ein ähnliches Zeichen der Abnutzung. Dank meiner langjährigen Hotellerie-Erfahrung kann ich sehr genau einschätzen, wie viel Aufmerksamkeit und Fürsorge der Hardware hier hinter den Kulissen gewidmet werden muss, damit das Gesamtergebnis so bemerkenswert gut ist.
Doch auch was vor den Kulissen stattfindet ist eine absolute Punktlandung in Sachen moderner Luxus: Im inseltypischen Friesenhausstil gebaut, bietet das Severin’s 62 Zimmer und Suiten sowie 22 Appartements und fünf Villen, die sich allesamt harmonisch in das unter Naturschutz stehende Umfeld einfügen.
Das mit insgesamt 5.000 Quadratmetern zusammenhängende Reetdach des Haupthauses ist das größte seiner Art in Europa. Dazu kommt ein exklusiver Spa-Bereich auf einer Gesamtfläche von rund 2.000 Quadratmetern mit großzügigem Schwimmbad unter Glasdach, diversen Themensaunen und modernem Fitnessbereich.
Das Beste am Hotel sind seine Mitarbeiter
Das exzellente Interior-Konzept wird nur durch einen Faktor übertroffen: die Mitarbeiter. Service und Schulung bleiben meinem Eindruck nach nicht hinter den momentan führenden Häusern in Deutschland zurück. Auch wenn die Ausrichtung des Hotels eine andere ist als die eines Luxushauses in der Großstadt: Was die Herzlichkeit und Aufmerksamkeit der Mitarbeiter angeht, braucht hier niemand den Vergleich zu scheuen.
Beispiele? Nichts lieber als das. Meine Massagetherapeutin Monika stellt fest, dass ich mich einer Knieoperation unterzogen habe und mischt zuhause aus ihren privaten Beständen ein Sesam-Salz-Öl für mich, das sie mir dann schenkt. Begründung: Es sei einfach genau das, was ich jetzt brauche. Eine Mitarbeiterin, der ich in dem Moment zum ersten Mal begegne, begrüßt mich, während sie Handtücher zusammenrollt, ganz beiläufig mit „Guten Abend, Herr Rath“. Bei einer kurzen Pause in der wunderschönen Hotelbibliothek serviert mir ein Mitarbeiter eine Buchempfehlung: „Schauen Sie doch hier mal rein, Herr Rath, Sie reisen doch so viel.“
Solche Momente gibt es während meines Aufenthalts noch viele. Nichts davon wirkt dressiert oder verkrampft. Das gesamte Service-Team macht einen erwachsenen, entspannten und einfach freundlichen Eindruck. Genau das sind die Gastgeberqualitäten, die für mich den feinen Unterschied machen. Überall findet sich hier Aufmerksamkeit und glaubhaftes Interesse am Gast – einfach, weil die Mitarbeiter die Freiheit haben, gut und proaktiv zu agieren. Großzügigkeit in Kleinigkeiten hat man im Severin‘s wirklich bestens verstanden.
Leidenschaftliche Führung
Das ist letztlich auch der Führung von Christian Siegling zu verdanken, der vor dem Severin’s unter anderem als General Manager im Althoff Schlosshotel Lerbach, im St. James Hotel in London und im Nira Caledonia in Edinburgh tätig war. Dass er die leitende Rolle mit großer Leidenschaft für besten Service und großem Engagement fürs Detail ausübt, ist überall spürbar.
Damit setzt das Severin‘s auf Sylt neue Maßstäbe im Fünf-Sterne-Bereich, ohne dabei die Tradition der Insel und des Ortes Keitum aus den Augen zu verlieren. Das Hotel gehört zwar zur Atlantic-Gruppe, wird aber nicht einfach in diese integriert, sondern erhält seine ganz eigene Markenpositionierung. Gastorientierung, natürliche Wertigkeit und Individualität stehen klar im Fokus.
Die Konzernzugehörigkeit hat man somit intelligent gelöst: Geführt wird das Severin’s mit der persönlichen Herzlichkeit eines Privathotels. Doch was Organisation und Administration angeht, kann man auf die Ressourcen der großen Gruppe zurückgreifen.
Modernes Gastro-Erlebnis
Nicht nur für Natur-Enthusiasten, auch für Feinschmecker ist Sylt ist ein Paradies. Das Severin’s bietet mit zwei Restaurants – Hoog und Tipken’s –, der hauseigenen Patisserie, Bar und Weinkeller ein modernes Gastro-Konzept, bei dem frische, regionale Produkte und ein authentisches kulinarisches Erlebnis im Fokus stehen.
Bis 13 Uhr wird ein hervorragendes Frühstück à la carte serviert. Am Abend setzt das Hotel-Restaurant Tipken’s mit Küchenchef Normen Eller auf ein Shared-Dining-Konzept. Nach dem Motto „Entdecken – Genießen – Teilen“ werden hier in legerer, aber stilvoller Atmosphäre alle Gerichte in die Mitte des Tisches gestellt und können geteilt werden. Das junge und zeitgemäße Konzept erweist sich als ideale Lösung für anspruchsvolle Gastronomie mit Urlaubs-Feeling.
Die Gerichte sind kreativ und frisch. Als Vorspeise komme ich in den Genuss von Ceviche vom Kabeljau mit Kokosmilch, Granatapfelkernen und Korianderkresse sowie geflämmtem Rinderrücken mit Wasabi und Ingwer und vegetarischen Tacos und Jakobsmuscheln in Pancetta und Gin-Espuma. Für den Hauptgang kommen gegrillte Pulpo, kurzgebratenes Onglet mit Variationen von der Süßkartoffel und Kaffee-Jus sowie als vegetarische Option der Blumenkohl mit Trüffeln auf den Tisch.
Den süßen Abschluss bildet eine Crème-Brûlée von der Tonkabohne mit Birnensorbet und Pekannuss-Creme und ein Parfait aus Valrhona Schokolade mit Himbeer-Baiser, Litschi-Sud und Hibiskusblüten. Alles ist geschmacklich hervorragend und wird vom aufmerksamen Service ansprechend serviert.
Vor der Tür wartet die Insel
Das Severin’s gehört für mich zu jenen Hotels, die so schön und angenehm sind, dass man sie eigentlich gar nicht so wirklich verlassen möchte. Würde draußen nicht die Insel locken, ich könnte es mir durchaus vorstellen, den ganzen Tag am Kamin zu verbringen und den Blick in die Ferne wandern zu lassen. Doch natürlich gehört zu einem Sylt-Besuch auch frische Luft und friesische Natur. Und wo könnte man beides schöner erleben als bei einer Wattwanderung.
Das Hotel hat für mich einen Termin mit einem der beiden Wattführer der Insel, Rolf Paulsen, vereinbart. Eine wirklich einmalige Erfahrung. Dank seines immensen Wissens lerne ich das Wattenmeer neu kennen. Dass ein Abstecher ins Watt ohne erfahrenen Guide keine gute Idee wäre, bekomme ich dann auch noch am eigenen Leib zu spüren. Als das Meerwasser bereits zurück ins Watt drängt, bleibe ich mit meinen Stiefeln im Schlick stecken. Doch Herr Paulsen bewahrt Ruhe und befreit mich aus meiner misslichen Lage. Allein wäre ich in dieser tatsächlich lebensgefährlichen Situation vermutlich völlig aufgeschmissen gewesen.
Zum kompletten Insel-Erlebnis gehört aber natürlich auch ein Spaziergang auf der Meeresseite der Insel und – fast schon zwingend damit verbunden – ein Besuch in der Sansibar. Wer neben dem schönen Blick auf die Dünen auch noch Lust auf eine geballte Portion Arroganz hat, sollte hier Bekanntschaft mit dem Doorman schließen. In einem voll besetzten Nachtclub mag seine „Türpolitik“ eventuell angebracht sein – hier ist sie es definitiv nicht.
Das Severin’s hatte im Voraus für mich einen Tisch reserviert, nun erscheine ich ein paar Minuten zu spät im halb besetzen Restaurant. So sehr ich die Familie Seckler für ihre große Gastfreundschaft schätze, so wenig schätze ich die Arroganz, mit der ich hier jetzt belehrt werde.
Auch im Restaurant wird es nicht viel besser. Links von mir diniert der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, auf der anderen Seite der Vater von Starkoch Steffen Henssler. Ob es wohl daran liegt, dass ich ständig die Hinterteile der Gastgeber im Gesicht habe, die ihre volle Aufmerksamkeit den VIPs zukommen lassen? Mag nachvollziehbar sein, bei mir führt diese Erfahrung aber einfach nur dazu, dass ich schließlich froh bin wieder zurück im Severin’s zu sein.
Fazit: Selten fiel mir Kritik so schwer
Mein Fazit zum Hotel dürfte kaum als Überraschung kommen. Um es kurz zu machen: Ich bin begeistert. Ich habe wirklich kaum Schwachstellen gefunden, obwohl die Suche danach bei mir ja zum Beruf gehört. Doch bei diesem Haus kann ich mit bestem Gewissen sagen: alles top!
Sie bestehen auf einen Kritikpunkt? Nun gut, es gibt keine Klimaanlage – beziehungsweise nur in den Suiten. Aber vermisse ich künstlich klimatisierte Luft wirklich, wenn bei geöffnetem Fenster eine herrlich frische Meeresbrise hereinweht? Zudem würde ich mir ein hochwertigeres Teeangebot wie zum Beispiel Ronnefeld wünschen, was meiner Meinung nach besser zum hohen Anspruch des Resorts passen würde. Und auf der Außenterrasse hinter der Sauna könnte mal wieder gefegt werden. Ich sagte ja, ich habe wirklich, wirklich gesucht.
Rund 80 Prozent der Gäste würden direkt bei ihrer Abreise den nächsten Urlaub im Severin’s buchen, sagte Hotelchef Christian Siegling einmal in einem Interview. Ein noch schöneres Kompliment für das Hotel und sein Team fällt mir da auch nicht ein. Bleibt zu sagen: Bis zum nächsten Mal!
###Der Artikel ist auch im Handelsblatt erschienen###