Reisen ist derzeit kaum möglich. Doch niemand limitiert imaginäre Erkundungstouren an ferne Orte. Joss Kent reagiert mit einem virtuellen Afrika-Erlebnis.
Die Krise macht erfinderisch: Während die europäische Tourismusbranche vielerorts noch in Krisen-Schockstarre verharrt, denken erste Vorreiter digital um und sichern sich mediale Aufmerksamkeit durch neuartige Projekte. Joss Kent, Sohn des Abercrombie & Kent Gründers und ehemaliger CEO des Luxusreiseanbieters, ist einer von ihnen. Als Chief Executive Officer von andBeyond lanciert er in Zeiten der Reisebeschränkungen ein virtuelles Afrika-Erlebnis auf der eigens dafür konzipierten Website. Ab sofort geht er einen weiteren digitalen Schritt:
Mittels Livestreaming gewährt Kent Interessierten Einblicke in das andBeyond Ngala Game Reserve in Südafrika und nimmt Besucher zweimal täglich, jeweils morgens und abends, virtuell auf die Game Drives mit. Mit etwas Glück sehen User wilde Tiere in ihrer natürlichen Umgebung über den Screen laufen. Die Ranger geben live Informationen über ihr Revier, die Besonderheiten und den jeweiligen Tagesablauf. Der Zuschauer sitzt virtuell direkt im Jeep des Rangers. Kein Tag gleicht dem anderen, so wie in der wahren Natur.
Wer eine Episode verpasst, kann diese auf der Website im Anschluss schauen.
Kent selbst nutzt sein tiefes Verständnis für Afrika für dieses Projekt: Der Familienvater ist in Kenia geboren und aufgewachsen, als Unternehmer und zertifizierter Pilot leitete er bis vor Ausbruch der Coronapandemie selbst verschiedene Safari-Expeditionen in Kenia, Tansania, Zaire und Ägypten für persönliche Kunden wie Bill Gates, Jimmy Carter und Gene Hackman. Durch seine langjährige Leadership-und Tourismusexpertise lebt er die symbiotische Beziehung zwischen Wildtierbeobachtung, Naturschutz und Gemeinden – den Nukleus von andBeyond – mit Herzblut. Gemeinsam mit seinem Team bietet er individuelle Reisen und luxuriöse Safaris in 15 afrikanischen, fünf asiatischen und vier südamerikanischen Ländern an und hieß bis dato Gäste in 29 eigenen Luxuslodges und –camps in Afrika willkommen.
„Bringing Africa Home“ – Afrika in den heimischen vier Wänden
Mit dem Livestreaming denkt Kent die aktuelle Kampagne von andBeyond „Bringing Africa Home“ konsequent weiter. Die Aufnahmen sind lebensnah und überraschend real. Zusätzlich erleben Afrikaliebhaber ein Stück ihrer Wahldestination in den eigenen vier Wänden mit der digitalen Kampagne. Eine eigene Spotify Playlist untermalt das afrikanische Flair mit eigens zusammengestellten, traditionellen Songs. Der User freut sich zudem über viele weitere Angebote wie Bücherlisten, die Land und Leute literarisch aufgreifen und Hinweisen zu afrikanischen Dokumentationen und exotischen Rezepten zum Ausprobieren. Das dargebotene Portfolio schürt die afrikanische Reisesehnsucht oder entfacht sie sogar neu.
„Care of the Land, Care of the Wildlife, Care of the People“
Ein Stillstand von andBeyond hätte prekäre volkswirtschaftliche Folgen: Insgesamt 2.083 Menschen arbeiten für die Lodgebetreiber in Afrika. 65 Prozent davon stammen aus der näheren Umgebung der luxuriösen Zeltlager u.a. aus Botswana im Okavango Delta, Kenia in der Masai Mara und aus dem Krüger Nationalpark in Südafrika. andBeyond ist mehr als nur ein Tourismusveranstalter, die Mission „Care of the Land, Care of the Wildlife, Care of the People“ unterstreicht die Dimensionen, die sich seit über 26 Jahren in diesem Konzept vereinen – als Effizienzstrategie, die Umwelt und Meere vor dem physischen Abdruck des Menschen schützt, als Naturstrategie zum Erhalt bedrohter Arten sowie der Fokus auf die Menschen, die in der Umgebung leben und arbeiten. So kümmert sich die Initiative u.a. um mehr als neun Millionen Hektar Land und 2.000 Kilometer Küste.
Gleichzeitig fördert andBeyond in Zusammenarbeit mit der Africa Foundation die lokale Wirtschaft: Mit der Hälfte der betrieblichen Einnahmen unterstützen sie vor allem lokale Betriebe. Afrikanische Kleinunternehmen sollen sich entwickeln, Menschen den Weg in ihre Unabhängigkeit und Selbstständigkeit finden. Das Projekt „Maasai Honey“, ist eines dieser Projekte und fokussiert sich auf Bienenzucht in direkter Nachbarschaft des andBeyond Klein´s Camp in Tansania. Vergangenes Jahr produzierten afrikanische Frauen 1.235 Liter Honig, der an alle andBeyond Lodges verkauft wurde. Der Erlös des flüssigen Goldes sichert die Existenz des Dorfes Ololosokwan, insbesondere die medizinische Versorgung und Schulbildung der Kinder. Neben der wirtschaftlichen Förderung sind Bildung, das Gesundheitswesen und die Versorgung mit sauberen Grundwasser Grundanliegen der Africa Foundation.
Digitalisierung als wirtschaftliches Auffangnetz?
Mit der digitalen Präsenz macht Kent auf die aktuelle Situation aufmerksam, denn das Wildlife geht trotz Corona weiter. Neue Initiativen, erfolgreich und schnell umgesetzt, zeigen echte Potenziale und Chancen in der Krise. Gerade in afrikanischen Ländern, in denen die Existenz ganzer Dörfer und Familien an wenigen Arbeitsplätzen hängt, retten Konzepte wie von andBeyond Schicksale und zahlen zudem positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Gleichzeitig verhindert Kent so zumindest einen Teil der potenziell aufkommenden Flüchtlingsströme, die ganze afrikanische Gemeinden nach der Krise zum Umsiedeln zwingen werden.
Es wäre vielleicht ein kleiner Ausweg aus dem Dilemma, in dem afrikanische Staaten stecken – obwohl die Corona-Krankheitswelle den afrikanischen Kontinent bislang noch in geringerem Ausmaß als in Europa oder Asien trifft: Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sind knapp über 4.200 Menschen infizierte Fälle bekannt (Stand 02.04.).
Die Folgen treffen die Menschen dennoch schwer. Neben dem Gesundheitssystem, das auf einen größeren Ansturm Corona-Infizierter kaum vorbereitet ist, stehen die Handelsströme der Rohstoff exportierenden Volkswirtschaften Afrikas nahezu still. Südafrika, Namibia, aber auch der Norden Afrikas, Ägypten oder Tunesien, erwirtschaftet einen großen Teil der Einnahmen durch den Tourismus. In Folge von Corona stagniert auch dieser durch geschlossene Grenzen und Reisebeschränkungen nach Afrika.
Der Blick nach vorn führt zumindest im Tourismus zunächst über digitale Wege. Hier greifen die aktuell lokal gezogenen Grenzen nicht, keine Pandemie der Welt verhindert Reisen im Kopf der Menschen. Mittelfristig bleiben auf digitalen Pfaden touristische Ziele für Gäste attraktiv, oder kommen sogar erstmals auf die Reiseliste der Kunden. Zukünftig werden uns viele weitere digitale Geschäftsmodelle überraschen. Die Kunst ist es die digitalen Ideen nach der Coronakrise in der Welt zu etablieren.