Auf Bali erlebt unser Autor einen Alptraum, der aber nichts mit dem Ausbruch des Mount Agung zu tun hat – sondern mit einem desolaten Fünf-Sterne-Resort.
Bali ist mein Refugium. Die aktuellen Bilder vom Asche spuckenden Vulkan Agung mögen diesen Satz ein wenig entrückt klingen lassen. Aber wenn ich, wie fast jedes Jahr auf die Tropeninsel im Indischen Ozean reise, dann um Abstand zu gewinnen und mich verwöhnen zu lassen.
Bali ist dafür ideal. Normalerweise. Doch dieses Mal mache ich einen Fehler: Ich probiere ein neues Resort aus. Und werde enttäuscht wie noch nie.
Schon bei meiner Ankunft im Le Méridien Bali Jimbaran – auf dem Papier ein Fünf-Sterne-Resort – packt mich das Grausen. Der Rezeptionist ist offensichtlich müde, schlecht gelaunt, unaufmerksam. Ich könnte mit einem Strumpf auf dem Kopf einchecken, er würde es nicht mal merken. Schließlich überreicht er mir eine Schlüsselkarte, die aussieht, als sei sie bereits vor Beginn der Schlüsselkartentechnik im Einsatz gewesen.
Beim Marsch über die Flure zu meinem Zimmer stelle ich dann fest, dass die gesamte Substanz in einem ähnlich erbärmlichen Zustand ist. Überall sind Macken, Schrammen, Kratzer, Dreck, Baumängel, kaputte Lüftungsgitter, Statuen im Außenbereich demoliert.
In meinem Zimmer schimmelt es. Nach der Reinigung am Tag nach meiner Anreise finde ich Seifen-Verpackungen auf dem Boden. Auf den Hängern im Bad sind verknüllte Handtücher, die offensichtlich nicht ausgetauscht, sondern vom Boden wieder aufgesammelt wurden.
Beim Notruf hebt keiner ab
Als ich mir dann einen Fuß in der Tür einklemme und mir eine blutige Schramme hole, rufe ich die Emergency-Nummer an. Keine Reaktion. Ebenso bei den anderen Schnellwahltasten, einschließlich Rezeption. Ich humpele also nach unten und erhalte die Information. Die Tasten seien alle blindgeschaltet, lediglich die 0 für die Rezeption funktioniere – nur dass eben auch da niemand antwortet. Ich frage mich, was passiert wäre, wenn ich statt einer Schramme am Fuß einen Herzinfarkt gehabt hätte.
Nach einem desaströsen Frühstück zwischen schmutzigen Tellern, die niemand abräumt, verkohlten Champignons, angeschlagenem Obst und null Service treffe ich am zweiten Morgen die Entscheidung, abzureisen. Selbst das wird zu einem Kampf, denn der Front Office Manager weigert sich zunächst, meine Buchung auch nur um einen Tag zu verkürzen.
Rath checkt aus – im Wortsinn.
Wechsel ins Paradies
Diese alptraumhafte Erfahrung auf der bei Touristen so beliebten „Insel der Götter“, würde ich auch keinem Drei-Sterne-Hotel durchgehen lassen. Danach hat es die nicht ganz freiwillige zweite Station meiner Bali-Reise zugegebenermaßen leicht, mich zu begeistern. Die Sahana Villas Seminyak wirken auf mich wie das Paradies, mein Ärger verfliegt im Nu.
Die Sahana Villas liegen etwa fünf Kilometer westlich von Denpasar am südlichen Zipfel von Bali. Etwa 800 Meter vom berühmten Kudeta Beach entfernt. Bis zur Hauptstraße des idyllischen Örtchens Seminyak sind es gerade einmal 200 Meter. Eine zehnminütige Fahrt mit dem Roller bringt mich zum Küstenort Canggu, dem hippen In-Place der Insel.
Es handelt sich bei Seminyak um eine touristisch stark erschlossene Gegend mit zahlreichen Restaurants, Bars und Touristenattraktionen. Daher ist die isolierte Lage der Villen-Anlage, eingebettet in ihren eigenen üppigen Garten, eine Wohltat. Privater und zugleich besser erschlossen kann man das typische Bali-Feeling wohl kaum irgendwo auf der Insel genießen.
Eine ganze Villa für 500 Euro die Nacht
Meine eingeschossige Villa hat eine Wohnfläche von 180 Quadratmetern. Die einzelnen, 500 Quadratmeter großen Villen-Grundstücke sind durch Bepflanzung voneinander getrennt, sodass die Gäste sich nicht in die Quere kommen.
Das wunderschöne Gebäude aus Teakholz und Naturstein besteht genau genommen aus drei Suiten. Jedes der drei Schlafzimmer mit Kingsize-Bett hat sein eigenes, großzügiges En-Suite-Bad, das blickgeschützt zur Hälfte im Freien liegt. Duschen unter freiem Himmel? Check. Die Villa verfügt zudem über eine vollausgestattete Küche mit Espresso-Maschine und Entsafter. Das exklusive Bild komplettiert der edel gestaltete Wohnbereich – inklusive ist das schnelle WLAN.
Das alles kostet 400 bis 500 Euro pro Nacht. Ein eigenes großzügiges Sonnendeck mit Sonnenliegen, ein privater, acht mal drei Meter großer Pool und zwei Fahrräder gehören ebenfalls dazu. Genauso wie der Wachdienst und persönliche Rundum-Betreuung. Geteilt durch drei Paare, für welche die Villa völlig ausreichend wäre, ist dieser Preis ein Luxus-Schnäppchen.
Das Alleinstellungsmerkmal der Sahana Villas ist neben der luxuriösen Ausstattung die geniale Kombination aus Naturnähe und Infrastruktur. Solange ich in meiner Villa bleibe, bin ich gefühlt mitten im Urwald. Gleichzeitig trennen mich nur ein paar Schritte vom Zentrum der Ortschaft mit ihren umfangreichen Angeboten für Touristen.
Das nach Aussage des österreichischen Betreibers Georg Erhardt schallisolierende Dach erfüllt seinen Zweck allerdings nur sehr bedingt. In der ersten Nacht findet auf dem Nachbargrundstück offenbar eine Party statt, die auch mich bis in die frühen Morgenstunden wachhält.
Persönliche Rundum-Betreuung
Das Service-Konzept der Sahana Villas ist von An- bis Abreise durchdacht. Ein Luxus-Van holt die Gäste auf Wunsch vom Flughafen ab und bringt sie bei der Abreise auch wieder zum Terminal – kostenfrei. Für 50 Euro am Tag kann ich ein Auto mit Fahrer buchen. Benzin, Wasserflaschen für die Mitfahrer und geführtes Sightseeing sind inklusive.
Das Highlight des Service ist die persönliche Vollbetreuung. Bei Bedarf umsorgen mich von morgens bis abends kulinarisch zwei diskrete und umsichtige Mitarbeiterinnen. Sie kaufen ein und kochen, sind außerdem für das Housekeeping und jeden anderen Wunsch zuständig – sei es ein Cappuccino zwischendurch oder eine Besorgung aus dem Dorf.
Alles, was ich gegenüber einem 5-Sterne-Hotel theoretisch vermissen könnte, ist in den Sahana Villas zwar nicht sichtbar – aber jederzeit abrufbar. Für elf Euro pro Stunde steht zum Beispiel ein exzellenter Masseur zur Verfügung, der für mich das Fehlen eines Spas wettmacht. Doch das ist natürlich Ansichtssache. Je nach persönlichem Fitnesslevel können auch Yoga-Lehrer zwischen 30 und 70 Euro für 90 Minuten gebucht werden. Für mich ein wichtiges Kriterium, denn Yoga steht bei meinen Bali-Auszeiten weit oben auf der Tagesordnung.
Eine Überraschung erwartet mich allabendlich auf meinem Bett. Auf dickem, edlem Hadernpapier gedruckt und wunderschön gestaltet, finde ich jeden Abend eine balinesischen Gute-Nacht-Geschichte vor. Neben den regional bezogenen Baumaterialien und Lebensmitteln ein weiteres Detail, das zeigt, wie wichtig Georg Erhard der „Sense of Place“ ist.
Nur das Notstrom-Aggregat fehlt
Apropos: Der Inhaber spricht fließend Indonesisch und ist vor Ort bestens vernetzt. Wer sich in eines der lokal hergestellten Möbelstücke oder Kunstwerke verliebt, muss nicht mit leeren Händen abfahren. Und auch keine überteuerten Touristenpreise bezahlen.
Und wer sich gut mit ihm versteht, darf mit ein bisschen Glück auch seine private Luxus-Villa inmitten der Reisfelder dieser Gegend für ein paar Nächte mieten. Ein besonders exotischer Retreat.
Natürlich ist der Service auch in den Sahana Villas nicht völlig makellos. Als während meines Aufenthalts zum Beispiel zweimal der Strom ausfällt, wird der möglicherweise einzige wirkliche Nachteil gegenüber der Infrastruktur eines großen Hotels deutlich. Die Villen verfügen nicht über ein Notstrom-Aggregat. Und mit dem Strom bleibt durch den Ausfall der Aufbereitungsanlage auch das Wasser für mehrere Stunden weg.
Der Clou: CO2-neutraler Kaffee aus Eigenanbau
Das kulinarische Konzept der Sahana Villas mit ihren eigenen Küchen ist zwar theoretisch auf Selbstversorgung angelegt. Faktisch werde ich von den beiden Mitarbeiterinnen, die für meine Villa zuständig sind, vollversorgt. Ein Zuruf genügt, und sie erledigen sämtliche Einkäufe und bekochen mich nach feinster balinesischer Art. Dafür bezahle ich lediglich den Einkaufspreis der Lebensmittel. Nur abends, nach Ende der eigentlichen Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen, kommt ein Service-Entgelt fürs Kochen hinzu. Eine derart persönliche Betreuung kann mir auch das beste Resort-Hotel auf Bali nicht bieten.
Beim Frühstück begeistert mich die Obst-Auswahl: Mangos, Durians, Mangostanen, Kleng Kleng. Alles, was die aktuelle Ernte auf Bali hergibt, landet auf meinem Teller. Das Buffett bietet darüber hinaus zwar keine weiteren Überraschungen, ist aber durchaus eines 5-Sterne-Hotels würdig.
Der Clou ist der Kaffee, auf den der Inhaber besonders stolz ist. Er stammt aus seiner eigenen, nachhaltigen und CO2-neutralen Kaffeeplantage in den Bergen von Bedugul und wird mit traditionellen balinesischen Methoden bearbeitet. Darüber hinaus befinden sich die fünf besten Restaurants von Seminyak im Umkreis von einem Kilometer um die Anlage herum. Dasselbe gilt für eine ganze Batterie von Bars, Clubs und anderen touristischen Angeboten.
Wer hätte gedacht, dass 5-Sterne-Luxus auf Bali kein 5-Sterne-Hotel braucht?