Zunächst kein Cappuccino, dafür aber ein wahres Zuhause in New York

The Pierre wurde in den 1930er Jahren von Schultze & Weaver als einzigartiges Hotel mit Clubatmosphäre entworfen. Bis heute ist es eine klassische New Yorker Ikone, ein Wahrzeichen der Stadt. (Foto: by Yuxi Liu.jpg)
New York ist eine Legende. Und unser Autor (NTV Online) reist nach wie vor gern dorthin. Diesmal war er im Taj Hotel “The Pierre” zu Gast – und traf dort die beste Fahrstuhlführerin der Stadt, den weltbesten Concierge und einen Manager, der die “extra mile” geht.

Die Taj Hotels kenne ich bereits von einigen Aufenthalten – in London, Südafrika oder auf den Malediven. Ich mag sie. Die indische Hotelgruppe weiß, was exzellentes Gastgebertum ausmacht. Wenn ich ein Taj Hotel betrete, sind meine Erwartungen daher auch recht hoch. Was ich in New York erlebt habe, ist allerdings noch mal eine andere Liga.

Bevor ich Ihnen mehr vom “The Pierre” erzähle, muss ich aber kurz auf die Rolle der amerikanischen Gewerkschaften eingehen. Diese haben nämlich wirklich gar nichts gemein mit dem eher kooperativen Gewerkschaftsgeist in Deutschland – und ja, ich sage das auch trotz der vielen Bahn- und Flugstreiks in den vergangenen Monaten. Die US-Gewerkschaften dominieren den Markt und machen es fast unmöglich, ein Hotel zu führen. Die Bewegungsspielräume der Hoteldirektoren sind hier wirklich extrem gering.

Nichtsdestotrotz schafft das Management es im “The Pierre”, das Beste aus den gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern herauszuholen. Ich habe hier tatsächlich das Gefühl, dass man sich über meinen Besuch freut. In New York ist das selten genug. Ich habe schon viele Hotels im “Big Apple” besucht, doch in keinem habe ich mich so wohl, so willkommen gefühlt wie im “Taj Hotel The Pierre”. Tajness eben!

Die schwarz-weiß gekachelte Lobby des The Pierre hat schon Besucher aus aller Welt empfangen, darunter zahlreiche Stars und VIPs. (Foto: Andrew Werner)

Ein 41 Stockwerke hohes Architekturdenkmal

Das Hotel beeindruckt schon auf den ersten Blick. 160 Meter ragt der 1930 erbaute Turm an der 5th Avenue in die Höhe. Es ist eines der legendären Architekturdenkmäler des alten New York – mit einer großartigen Lage in der Upper East Side. Direkt gegenüber befindet sich der Central Park, um die Ecke das Plaza. Ab 1948 sendeten ABC Television und FM Radio für einige Jahre aus der obersten der 41 Etagen. Bis heute ist das Gebäude immer wieder in Filmen und Fernsehserien zu sehen, zuletzt 2018 in “Ocean’s 8” mit Anne Hathaway.

Im Jahr 1959 wurden aus einigen Hotelzimmern 75 Wohnungen, die an private Investoren verkauft wurden. Die Zeit der Stars im “The Pierre” brach an: Elizabeth Taylor, Aristoteles Onassis, Mohamed al-Fayed oder Yves Saint-Laurent lebten in den Wohnungen. 13 der ehemaligen Apartments sind als “Grand Suites” heute wieder Teil des Hotels.

Khady Gueye ist eine von neun Liftdamen und -herren, die noch im The Pierre arbeiten. Mit ihrer charmant-humorvollen Art kommt sie bei den Gästen sehr gut an. (Foto: Carsten C. Rath)

Liftdame Khady ist die beste Mitarbeiterin des Hauses

Die Tatsache, dass das “The Pierre” eine Mischung aus Luxushotel und Luxuswohnhaus ist – selbst auf den jeweiligen Etagen -, erklärt eine Besonderheit des Hauses: Nach wie vor beschäftigt das Hotel neun “liftboys”. Die Wohnungsbesitzer möchten einfach sichergehen, dass hier nicht jeder hoch- und runterfahren kann. Natürlich sind die legendären “liftboys” längst nicht mehr nur “boys”, sondern auch “girls” beziehungsweise Damen und Herren.Eine der bekanntesten ist Khady Gueye, vom Forbes Magazin wurde sie als die beste Mitarbeiterin des Hotels ausgezeichnet. Tatsächlich ist es jedes Mal eine Freude, mit ihr im Lift zu fahren. Sie ist auf eine charmante Art flirty, humorvoll und findet immer die richtigen Worte zur richtigen Zeit. Auch bei den vielen Stars und Sternchen, die sie in die richtige Etage begleitet, ist sie nie um eine Bemerkung verlegen. Tauschen möchte ich trotzdem nicht mit ihr.
Die Crew der Concierges wird angeführt von Maurice Dancer (Mitte). Er arbeitet seit 1994 im The Pierre, ist bestens vernetzt in der Stadt und gilt als der beste Concierge der Welt. (Foto: hechlerphotographers.com)

Maurice, der weltbeste Concierge

Auch die anderen Mitarbeiter sind ausnehmend freundlich und fast alle sind bereits erstaunlich lange dabei. Eine Tatsache, die für das gute Arbeitsklima spricht. Maurice Dancer etwa arbeitet seit 1994 im “The Pierre”. Damals war es noch ein Four Seasons-Hotel. Maurice ist heute Chef-Concierge und mindestens ebenso legendär wie Liftdame Khady.Als junger Mann studierte er Kunst, Jazz und Psychologie. Weil man aber auch als Künstler seine Rechnungen bezahlen muss, begann er, nachts in Hotels zu jobben – im Four Seasons in Austin, in Seattle, später in New York. Heute ist er hauptberuflich hier und gilt als der weltbeste Concierge mit Verbindungen zu den coolsten Galerien, den besten Restaurants oder neuesten Broadway-Shows. Für ihn geht es in seinem Job aber nicht nur um sein Adressbuch und die “connections”, sondern um die Verbindung zu den Menschen. Diese Einstellung spürt man sofort.
Konzipiert als eine Art zweites Zuhause für die anspruchsvollsten Gäste, umfasst die Ausstattung von The Pierre türkische Marmorbäder, flauschige Bademäntel und eine Bibliothek mit kostenlos herunterladbaren digitalen Büchern. (Foto: Donna Dotan Photography, inc)

Wenn die Gewerkschaften den Hotelbetrieb erschweren

Bei meinen ersten Begegnungen im Hotel mit Maurice und Khady hatte ich die Gewerkschaften fast vergessen. Doch beim Frühstück am nächsten Morgen wird mir klar, dass man hier leider auch nicht auf der Insel der Glückseligen ist. Ich möchte einen Cappuccino und wende mich an einen der Kellner. Der ist nicht der Getränkekellner und muss erst seinen Kollegen holen. Dieser wiederum erklärt mir, dass die Kaffeemaschine leider kaputt ist, ich aber gern Tee oder Filterkaffee haben könnte.

Ich frage ihn, ob es denn im ganzen Hotel keine andere Kaffeemaschine gibt. Doch, doch, aber in einer anderen Abteilung, sagt er, und ob ich den Manager sprechen möchte. Natürlich möchte ich. Der Manager kommt, entschuldigt sich und holt mir gern meinen Cappuccino aus der anderen Abteilung. Er geht die sogenannte “extra mile” für mich. Als Manager kann und darf er das, was dem Kellner nicht erlaubt ist. Andere Abteilung. So ist das hier eben.

1967 malte Edward Melcarth ein Trompe-l'oeil-Wandbild in der Rotunde des Pierre Hotels. Heute werden hier Gerichte auf Michelin-Sterne-Niveau serviert. (Foto: John McKinnon)

Zwei weitere Dinge gefallen mir im “The Pierre” ausnehmend gut. Zum einen ist da der Shuttle-Service: Zwischen 12 und 22 Uhr können sich die Gäste des Hauses nach dem Prinzip “first come first serve” kostenfrei durch die Stadt fahren lassen – in einer Mercedes S-Klasse. Zum anderen beeindrucken mich der F&B-Manager Brian Panella und der Executive Chef de Cuisine Michael Mignano. Letzterer kocht aus meiner Sicht auf sehr hohem Michelin-Sterne-Niveau. Panella wiederum überrascht mit seinen Wein-Vorschlägen. Bordeaux oder Burgunder kann jeder empfehlen; er kommt mit exotischen Weinen, die man nicht unbedingt kennt, die aber trotzdem hervorragend sind.

Der freundlichste Empfang in New York

Natürlich ist das Haus an der 5th Avenue in die Jahre gekommen. Es ist aber auch hervorragend renoviert worden. Seinen legendären Ruf hat es in den vergangenen Jahren zwar etwas eingebüßt, wird ihn aber mit Sicherheit bald wieder auffrischen. Heute führt TAJ das Haus auf dem Level eines Peninsula-Hotels. Freundlicher und herzlicher bin ich in New York noch in keinem anderen Hotel empfangen worden. Ein echtes Zuhause mitten in dieser sonst doch oft kalten Stadt.

Raths Reise-Rating (aktuelle Wertung gefettet):

1. Ganz großes Kino
2. Wenn’s nur immer so wäre
3. Hohes Niveau, mit ein paar wenigen Schwächen
4. So lala, nicht oh, là, là
5. Besser als im Hostel
6. Ausdrückliche Reisewarnung

TAJ HOTEL THE PIERRE NEW YORK

Resort Name: Taj Hotel The Pierre New York
Land: USA
Region: New York
Beste Reisezeit: ganzjährig
Zielflughafen: New York City (JFK)
Transfermittel vom Flughafen: Taxi/Limousine
Transferzeit: 1,5 Stunden
Zimmerpreis pro Nacht: Ab 1095 Dollar pro Nacht
Besondere Empfehlung: Besuchen Sie eine Aufführung des Broadway-Musicals „The Great Gatsby“. Das entführt Sie direkt in die Zeit, als das Hotel The Pierre erbaut wurde.

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