Der Name für diese Institution der gehobenen Hotellerie ist famos gewählt, denn das Zürcher „The Dolder Grand“ ist in der Tat grandios. Seit mehr als 100 Jahren gilt es als eine der ersten Adressen des Landes, ja in ganz Europa.
Wie manche andere Schweizer Stadt vereint auch Zürich viele Reisefreuden an einem Ort: der See und die Berge ringsherum, die exzellente Küche, das Kulturangebot und die endlosen Shopping-Möglichkeiten machen sie zu einem meiner liebsten Ziele.
Wer in Zürich besonders nobel übernachten möchte, der hat die Qual der Wahl – gleich ein Dutzend von Fünf-Sterne-Häusern bitten zum Check-in. Meine persönlichen Favoriten sind das „Baur au Lac“ in bester Uferlage, die Geschwisterhotels „Widder“ und „Storchen“ in der Innenstadt mit erlesener Gastronomie und das romantische „Alex“ am Zürichsee. Die letzten drei Hotels gehören zur „The Living Circle“-Gruppe, die unter ihrem neuen CEO Marco Zanolari einen wahren Höhenflug erlebt.
Außerdem möchte ich das erst kürzlich eröffnete „Mandarin Oriental“ in den historischen Gemäuern des Savoy erwähnen und schließlich meinen Liebling am See, das „Eden au Lac“ unter Führung des perfekten Gastgebers Thomas Mächler.
Wie um Himmels willen gelingt es dem „The Dolder Grand“ bei so starker Konkurrenz seit Jahrzehnten an der Spitze zu bleiben? Das möchte ich vor Ort herausfinden.
Eine gelungene Balance zwischen alt und neu
Das „The Dolder Grand“ thront am Westhang des Adlisbergs, rund 20 Autominuten vom Zürcher Flughafen entfernt. Besonders urig ist übrigens die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Von der Haltestelle Römerhof fährt eine Zahnradbahn bis zur Bergstation Dolderbahn in direkter Hotelnähe.
Die meisten der 175 Zimmer (und Suiten) locken mit einem verführerischen Ausblick über Zürich und den Zürichsee. Das trifft auch auf meines zu, das im historischen Altbau des Hotels liegt. Ich habe mich bewusst für diesen Teil statt des modernen Neubaus entschieden, weil ich den einzigartigen Charme vergangener Zeiten schätze, der hier noch spürbar ist. Glücklicherweise muss ich dabei weder auf den Komfort noch technische Standards der Gegenwart verzichten.
Als Kunstliebhaber fühle ich mich im „Dolder Grand“ besonders wohl: Überall an den Wänden hängen kostbare Gemälde, unter anderem von Salvador Dalí, Joan Miró und Max Ernst. Die Werke werden ständig ausgewechselt oder rotieren und bilden ein Alleinstellungsmerkmal des Hauses. Scannt man den QR-Code unter den Bildern ein, zeigt das Smartphone weiterführende Informationen zu Künstler und Werk. Da könnte manches Museum in puncto Benutzerfreundlichkeit noch dazulernen.
Überhaupt ist der Aufenthalt im „Dolder Grand“ ein berauschendes Erlebnis: Die Kunst, welche die Gänge säumt, die exklusiven, sorgsam kuratierten Spotify-Playlists, der Blick auf den See und die ihn umgebenden Berge, die geschmackvollen Interieurs.
Ein anderes, völlig legales „Rauschmittel“ ist bekanntermaßen richtig gutes Essen. Also frage ich das aufmerksame Concierge-Team nach einem Tipp. „Da müssen Sie nicht weit gehen“, kriege ich als Antwort. „Das beste Restaurant Zürichs befindet sich nur zehn Schritte entfernt.“ Was nach Eigenlob klingt – schließlich ist das „The Restaurant“ im „The Dolder Grand“ selbst die Empfehlung –, trifft zugleich definitiv zu.
Die mit zwei Michelin-Sternen und 19 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnete Küche des deutschen Kochs Heiko Nieder gehört ganz oben in den Zürcher Kulinarik-Olymp. Ich probiere die Jakobsmuscheln mit Cedri-Zitronen, Meeresgrün und Yuzu-Kosho, gefolgt von Kalbsmilken mit Mais, Sellerie, Sancho-Pfeffer und Nussbutter. Vorzüglich!
Nun sind Kalbsbries und Yuzu-Chili-Paste sicherlich nicht für jeden Gaumen ein solcher Hochgenuss wie für meinen. Wie gut, dass es im „Dolder Grand“ vier weitere Restaurants gibt, darunter das bald eröffnende „Blooms“, dessen Gartenkonzept ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit stehen wird. Die meisten der verwandten Zutaten sollen aus den Gemüsebeeten stammen, zwischen denen man sitzt und speist.
Apropos: Ein Blick auf die Webseite des „Dolder“ verrät, dass es das Hotel mit seinen Bemühungen um nachhaltige Hotellerie und Gastronomie ernst meint. Davon zeugen etliche Zertifikate, die es bisher erhielt. Gerade im Luxussegment keine leichte Aufgabe und gerade deshalb so wichtig.
Im „The Dolder Grand“ habe ich zudem das markante Gefühl, in der Schweiz zu sein. Das klingt trivial, ist jedoch längst nicht in allen Fünf-Sterne-Häusern der Eidgenossenschaft der Fall. Dabei waren im „Dolder“ seit 1899 zahllose internationale Berühmtheiten zu Gast: Mohammad Reza Pahlavi, der letzte iranische Schah, Winston Churchill, Thomas Mann, Nelson Mandela, Michael Jackson und viele, viele mehr. Eine illustre Reihe, in die ich mich für einige Nächte rein hypothetisch und respektvoll einreihe.
In diesem Jahr werden wir „Die 101 besten Hotels: Schweiz, Österreich, Südtirol und Deutschland“ als neues Ranking etablieren, und ich bin sicher, dass sich das „The Dolder Grand“ ganz vorn wird platzieren können. Und zwar nicht etwa deswegen, weil dieses neue Highlight der Reisebranche in eben diesem Haus stattfinden wird. Sondern weil das Luxushotel spielend mit scheinbaren Gegensätzen jongliert: ruhmreiche Historie und spannende Zukunft, Schwelgen im Luxus und Bemühungen um Nachhaltigkeit, Schweizer Persönlichkeit und internationale Klientel. Nicht zu vergessen: aktive und passive Erholung. Merci vielmal.
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