Ach, Südafrika. Immer wieder zieht es unseren Autor hierher. Im Hotel “Belmond Mount Nelson” in Kapstadt spürt er den Charme viktorianischer sowie afrikanischer Einflüsse, findet Luxus, ein paar Schönheitsfehler, Selbstbestimmtheit und viel Rosa vor.
Eine entspannende Zeit zu erleben und frei in der Tagesgestaltung zu sein, ist eine Luxuserfahrung, die ich wiederholt im “Belmond Mount Nelson” in Kapstadt/Südafrika genieße. In einem der ältesten und renommiertesten Luxushotels Kapstadts – ach was, ganz Afrikas – kann ich tun, was ich wann und wie möchte. Einschränkungen oder Vorgaben streicht das Haus vollständig aus dem Tag seiner Gäste.
Eine entspannende Zeitreise dank “Pink Nelly”
Ich kenne das “Mount Nelson Hotel” noch aus der Zeit, als ich ein Mitbewerber von ihm war. Damals fand ein reger Wettstreit um die beste Weinliste und das führende Restaurant in Südafrika zwischen uns statt, den ich nur manchmal gewonnen habe. Rückblickend scheint im “Mount Nelson” die Zeit stehengeblieben zu sein: Es hat sich in 30 Jahren wenig verändert. Eine Neuerung ist die Umbenennung von “Mount Nelson” in “Belmond Nelson”. “Belmond Hotels” als neuer Besitzer gehört wiederum seit April 2019 zu “LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton”.
Die Farbe Rosa ist geblieben – gut so -, sodass das “Mount Nelson” nun liebevoll als “Pink Nelly” bekannt ist. Das Luxushotel zählt damit zu den weltweit berühmten Pink Hotels, ebenso wie das “Copacabana Palace” im brasilianischen Rio de Janeiro oder das “Beverly Hills Hotel” im US-amerikanischen Kalifornien. Bei der Anreise bekomme ich pinkfarbene, gekühlte Tücher gereicht, die Mitarbeiter tragen entweder pinkfarbene Krawatten oder Einstecktücher. Eleganz ist bei diesem Design stets oberstes Gebot.
Der Charme der Queen am Fuß des Tafelbergs
Das “Mount Nelson” liegt unweit vom “Waterfront” genannten Hafen in Kapstadt, auch zu Lion’s Head sowie Table Mountain ist es nur ein Katzensprung. Die 125-jährige Tradition – Ersteröffnung war am 6. März 1899 – des Hauses spiegelt sich nach wie vor in der Architektur wider. Das Design ganz in Pink hat seinen Ursprung in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Der damalige Direktor des “Mount Nelson” ordnete 1918 an, die gesamte Fassade in dieser Farbe zu streichen, um eine neue Friedensperiode nach dem Ende des Krieges zu feiern.
Ich spüre den Charme der viktorianischen sowie afrikanischen Einflüsse und fühle mich, als sei die Zeit stehengeblieben, im positiven Sinn. Die Stelle an der Decke, wo das Wasser aus der Klimaanlage sichtbar wird, deutet jedoch auf die Altersschwächen des Luxushotels hin
Verbesserungswürdiger Service mit angenehmen Überraschungen
Ein absolutes Muss des “Mount Nelson” ist der Nachmittagstee, der weltberühmte High Tea, der ganz an den Stil des britischen Königshauses erinnert. Ich fühle mich bei Clotted Cream und Scones auf der Terrasse fast wie in Großbritannien – nur noch der König fehlt. Die Prozessabläufe könnten an mancher Stelle aber besser sein: Erst im dritten Anlauf bekomme ich das richtige Bettkissen, am Pool wird mir innerhalb von Stunden nur einmal eine Erfrischung angeboten, beim Frühstück bin ich ausschließlich eine Zimmernummer. Ein Hotel dieser Klasse darf die Gäste ruhig mit Namen ansprechen.
Das äußerst reichhaltige Frühstücksbuffet mit viel Auswahl ist fast perfekt, doch auch hier gibt es eine ungewöhnliche Kleinigkeit: Ich erhalte zwar einen neuen Cappuccino beziehungsweise Kaffee, allerdings lässt der Servicemitarbeiter die schmutzige, verklebte Untertasse stehen, und das jedes Mal. Vielleicht eine Petitesse – aber dennoch vermeidbar. Dank des neuen Managements der Marke “Belmond” bin ich aber zuversichtlich, dass das “Mount Nelson” mit frischem Wind wieder zu seinen alten Höhen zurückkehrt.
Der hinzugekommene schottische Executive Chef George Jardine gilt als renommierter Chefkoch und arbeitet bereits an der kulinarischen Renaissance des Luxushotels. Ein richtiges Highlight sind die Doormen, die sich mit liebenswürdigem Charme um die Gäste kümmern. Deren persönlichen Stil empfinde ich als besonderes Markenzeichen oder unbewusstes Aushängeschild.
Ein Katzensprung zu Kapstadts Waterfront
Ein Wermutstropfen ist trotz der allgemein guten Lage des “Belmond Mount Nelson” die Tatsache, dass ich immer ein Taxi nehmen muss, um in den Hafen oder in die Stadt zu kommen. In Kapstadt ist es leider üblich, dass man auf eine Entdeckung zu Fuß verzichten sollte, vor allem nach Einbruch der Dunkelheit. Die Sicherheit leidet darunter, dass in Afrika die Grenzen offen sind: Aus Simbabwe, Namibia, Kenia, Botswana und anderen Ländern kommen Migranten ohne jede Grenzmaßnahmen. In Ermangelung einer Arbeit entscheiden sich manche für die Kriminalität. Die größten Probleme Südafrikas sind die hohe Kriminalitätsrate, die fehlenden Investitionen in Bildung und die herrschende Korruption.
Ein Besuch der Waterfront gehört für mich bei einem Aufenthalt in Kapstadt trotzdem dazu, obwohl man diese am Wochenende aufgrund der Menschenmengen meiden sollte. Im “Baia”, dem besten Fischrestaurant der Stadt, begeistert mich der exzellente Ausblick auf den Tafelberg mit seiner “Tischdecke” aus Wolken, den mein Ecktisch mir bietet. Ich genieße den weichen Rock Lobster von der East Coast bei einem erstklassigen Glas Warwick Sauvignon, der ebenfalls aromatisch schmeckt.
Die Möglichkeiten für Ausflüge sind zahlreich: lokale Kunst erwerben, einen zwölfminütigen Helikopterflug buchen, den Tafelberg erklimmen, in der Rooftop Bar des “Silo” am Tisch 11 die Aussicht mit dem Spezialcocktail des Hauses genießen oder die Gefängnisinsel “Robben Island” besuchen. Viele der ehemaligen Insassen – damals Terroristen, heute wertgeschätzte Freiheitskämpfer – haben das Resozialisierungsprogramm nach ihrem langjährigen Aufenthalt auf “Robben Island” nicht geschafft und sind zurück auf die Insel. Der Staat ist damit respektvoll umgegangen, hat ihnen dort ein Zuhause gebaut und sie als Touristenführer im ehemaligen Gefängnis angestellt. Die Geschichten sind unfassbar.
Auf der Fahrt zu meinem Winetasting bei Spier trübt der Anblick der Armenviertel, die “Townships” heißen, meine Stimmung kurzzeitig. Die Weinprobe an sich im fünf Grad wärmeren Stellenbosch ist jedoch ein durchweg erholsames und alle Sinne umfassendes Erlebnis. Mein Lieblingswein ist übrigens bis heute im weißen Bereich der Hamilton Russel und im roten der Kanontop Pinotage. Wer es tragischer möchte: Meerlust Rubicon.
Im Allgemeinen ist der Service im “Belmond Mount Nelson” gut und besticht durch seinen einzigartigen Charme, insbesondere die Doormen prägen das Haus. Kleinigkeiten, damit die Gäste sich noch mehr unterhalten und umsorgt fühlen, sollten zusammen mit einer Beseitigung von Gebrauchsspuren ganz oben auf der Liste der neuen Hotelführung stehen. Sowohl der Ecktisch in der “Silo Rooftop Bar”, um den Sonnenuntergang hinter dem Lion’s Head zu beobachten, als auch Besuche der Waterfront oder des Table Mountain erfordern zwar einiges an Planung und gegebenenfalls eine Reservierung – das sind sie jedoch definitiv wert.
BELMOND MOUNT NELSON
Resort Name: Belmond Mount Nelson
Land: Südafrika
Region: Kapstadt
Beste Reisezeit: Oktober bis April
Zielflughafen: Cape Town International (CPT)
Transfermittel: Taxi/Limousine
Transferzeit: 20 Minuten
Zimmerpreis pro Nacht: 980 bis 2158 Euro
Besondere Empfehlung: Weinprobe und Picknick im Weinberg bei Spier, Rose Ginvino (Special Cocktail) des Silo Hotels, Baia Fischrestaurant
Raths Reise-Rating (aktuelle Wertung gefettet):
1. Ganz großes Kino
2. Wenn’s nur immer so wäre
3. Hohes Niveau, mit ein paar wenigen Schwächen
4. So lala, nicht oh, là, là
5. Besser als im Hostel
6. Ausdrückliche Reisewarnung
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