Unser Kolumnist zählt zu den renommiertesten Hotelexperten Europas. Er stellt die besten Häuser vor. Diesmal: das „Ellerman House“ in Kapstadt
Wenn ich von Kapstadt erzähle, komme ich immer schnell ins Schwärmen. Nicht zufällig gehört die Metropole zu den liebsten Destinationen vieler Urlauber, gerade in Deutschland. Das gilt auch für mich. Die Mischung macht wohl den besonderen Reiz aus: die monumentalen Berge und gleich zwei Meere – Atlantik und Indischer Ozean –, die an der Kapküste zusammenfließen. Dazu ein Naturreservat, das sich vom Signal Hill bis zu den Steilklippen am Cape Point erstreckt, und das von der Innenstadt fußläufig erreichbar ist. Und dann die Stadt selbst mit ihrer pulsierender Lebensfreude, geprägt von Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Herkunft und Sprache, von der kolonialen Geschichte und einer quirligen Kunst- und Gastroszene.
Die Gegensätze sind ebenso offensichtlich: Der Downtown-Bereich offenbart viel Armut, während sich für Touristen die Türen zu üppig ausgestatteten Anwesen öffnen. Eines davon ist das „Ellerman House Kapstadt“, ein wundervolles Refugium in der Luxuhotellerie, bei dem Lage und Ausstattung (mit Bibliothek und Musikzimmer) stimmen. Übrigens nur eines von zwei Relais & Chateaux Hotels in Kapstadt.
Zimmer mit Aussicht – auf die Bay, den Atlantik und vorbeiziehende Wale
Um die Jahrhundertwende fungierte das Kleinod noch als Wohnsitz des Schiffsmagnaten Sir John Ellerman, dessen Namen es bis heute trägt. Die in den 1990er-Jahren zum luxuriösen Boutiquehotel umgewandelte viktorianische Villa befindet sich im vornehmen Stadtteil Bantry Bay und ihre terrassenförmigen Außenbereiche sind oberhalb des Atlantiks angelegt. Das hat einen besonderen Effekt: Beim Blick vom Haupthaus scheint der Garten mit Palmen und den für Südafrika typischen Fynbos-Pflanzen über dem Blau des Ozeans zu schweben.
In den Genuss dieses gigantischen Panoramas komme ich täglich, denn ich habe diesmal in einer der Suiten eingecheckt. Das „Ellerman House“, inzwischen Eigentum der dritten Besitzerfamilie, verfügt über insgesamt elf Zimmer, zwei Suiten und zwei exklusive Villen. Letztere wurden später angebaut und das Hotel nach und nach erweitert. Zimmer 9 besitzt den Vorteil, dass ich von der Terrasse aus direkt die vorbeischwimmenden oder sich paarenden Wale beobachten kann.
Mit den auf 600 Quadratmeter verteilten Räumlichkeiten im Ost-Flügel des Anwesens habe ich die für mich persönlich richtige Wahl getroffen: Arbeitszimmer, Wohnbereich und im unteren Geschoss ein privates Spa mit Sauna und Dampfbad. Daneben zwei geräumige Schlafzimmer, jeweils mit Bad und einem Zugang zum Garten samt eigenem Pool. Alles sehr hell und einladend gestaltet dank bodentiefer Fenster und Glasfronten. Trotz des „Fünf Sterne“-Etiketts ist die Atmosphäre angenehm ungezwungen. Ich fühle mich eher wie ein Gast in der Privatresidenz von Sir und Lady Ellerman, denn als zahlender Hotelkunde.
Sicher, die Rechnung bei der Abreise holt schlussendlich in die Realität zurück, doch bis es so weit ist, darf man träumen und sich einfach bloß wohlfühlen. Zumal der Umrechnungskurs – derzeit entspricht 1 Rand etwa 0,049 Euro – die südafrikanischen Preise für Besucher im Vergleich zu anderen Ländern recht günstig macht.
Persönlicher Service wird im „Ellerman House“ besonders großgeschrieben
Die Mitarbeiter tragen entscheidend dazu bei, dass ich mich in diesem Haus so herzlich aufgenommen fühle. Diskret und von unaufdringlicher Präsenz behält das Team mich und meine Wünsche im Auge. Mir gefällt es, mit meinem Namen angesprochen zu werden, wie es hier üblich ist. Man weiß auch um meine Vorlieben beim Essen oder bei sportlichen Aktivitäten. Das Thema Hotelpersonal in Afrika ist eine Sache für sich, und da weiß ich wirklich, wovon ich spreche, denn ich habe in Südafrika, in Paarl, selbst ein Hotel eröffnet und später drei Häuser im Land verantwortet.
In letzter Zeit hört man häufig von angeblich negativen Veränderungen durch die Öffnung der Grenzen im Norden und die Migration vieler Menschen aus den angrenzenden Staaten. Dass die daraus resultierende nötige Integration und ein harmonisches Miteinander verschiedener Nationalitäten und Kulturen im Job gelingen können, beweist Managerin Karien Bendle. Sie führt das Boutiquehotel seit zwei Jahren, ist insgesamt seit neun Jahren im Haus und macht ganz augenscheinlich einen richtig guten Job. Wenngleich ich sie bei meinem Aufenthalt selten zu Gesicht bekomme.
Made in South Africa ist Trumpf bei den Weinen und der hochwertigen Kunst
Ein paar Superlative gefällig? Da wäre zum einen der gigantische Weinkeller des „Ellerman House“ mit seinen über 10.000 Flaschen, die ausschließlich von südafrikanischen Weingütern stammen. Lediglich den Champagner importiert man aus Frankreich.
Und zweitens: die Kunstsammlung mit den Werken regionaler Künstler. Ich erfahre beim Rundgang über das Anwesen, dass es die Vision des Bankers Paul Harris war, dem jetzigen Besitzer, hier die „beste Kunst Südafrikas“ zu zeigen. Also kaufte Harris über 1000 Originale ein. Darunter die vielen Gemälde und Objekte, welche die langen Flure säumen und Zimmer zieren, sowie die Skulpturen im Garten.
Ein Engagement, das Früchte trug, denn Harris’ Sammlung südafrikanischer Kunstwerke gilt mittlerweile als eine der wertvollsten weltweit. Trotz der bekanntlich hohen Kriminalitätsrate versteckt man diesen Schatz im „Ellerman House“ keineswegs, es werden geführte Besichtigungen für die Gäste angeboten, die auch die Galerie auf dem Grundstück mit einschließen.
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