Auf den Malediven bietet gefühlt jedes Hotel enormen Luxus. Doch zwischen Nautilus, Patina und Velassaru entdeckt unser Tester einige entscheidende Unterschiede.
Malé. Auf den Malediven ist jedes Hotel ein Luxushotel. So kam es mir bisher jedenfalls immer vor. Dass es im Luxusbereich aber doch enorme Unterschiede geben kann, erlebe ich auf einer Reise, bei der ich drei Resorts besuche – das Angebot reicht von Ultraluxus über modernen Luxus bis hin zu eher mittelmäßigem Luxus.
Ich starte meine Auszeit auf den Malediven in einem der besten Resorts, das ich je kennengelernt habe. Im The Nautilus am Rande des Baa-Atolls stimmt einfach alles – und selbst das wird noch übertroffen. Die Architektur erinnert an die Schale des Nautilus, die wie ein Schneckenhaus gewunden ist.
Klare Linien gibt es hier nicht, die Villen sind runde Häuschen und die Pools oval. Alles ist eingewachsen, wirkt, als wäre es schon immer da gewesen, ganz selbstverständlich. Ich fühle mich sofort wie zu Hause.
Und damit hat das Nautilus die erste Säule seiner Philosophie bei mir bereits umgesetzt. Neben den „comforts of home“ gibt es aber noch drei weitere wichtige Grundsätze, auf denen die Idee des Resorts ruht. Ich erlebe sie alle während meines Aufenthalts.
„Time stands still“ lautet einer dieser Grundsätze. Auf der ganzen Insel gibt es keine Uhren. Und damit ist die Zeit quasi ausgehebelt. Ich muss mich an keine Vorgaben halten, denn es gibt keine. Wann immer ich etwas erleben oder haben möchte – ich bekomme es.
Die sogenannten „Operation Times“ existieren nicht. Wenn ich mittags frühstücken möchte, kann ich das tun, auch nachts oder bereits um 5 Uhr morgens. Oder meine Spa-Behandlung: Ich hatte sie für nach dem Tauchausflug geplant, doch dann bin ich zu müde. Wo ich andernorts die Massage absagen oder auf den nächsten Tag hätte legen müssen, kann ich hier einfach erst mal entspannen. Nach einem kurzen Power Nap ist es zwar spät, aber da ich selbst um 21 Uhr noch keinen großen Hunger verspüre, gehe ich einfach vor dem Dinner in den Spa. Alles kein Problem.
Ähnlich ist es mit der dritten Säule: „free spirited experiences“. Es gibt keine Pläne. Das macht alles extrem privat. Nach dem Essen noch mal schnorcheln? Kein Problem. Was tagsüber geht, klappt auch nachts. Aus Tauchen wird dann eben Nachttauchen und aus einer Jetlag-Nacht eine Kosmetikbehandlung. Ich finde das einfach unglaublich. Diese Freiheit ist der absolute Luxus und extrem zeitgemäß.
Der vierte Punkt betrifft die Gastronomie. „Unscripted Dining“ lautet das Konzept. Die Gerichte auf den Speisekarten verstehen sich nur als Vorschläge. Fisch ja, aber bitte anderes Gemüse dazu und diese Soße von gestern und die Kinder träumen heute von simplen Bratkartoffeln – all das ist überhaupt kein Problem. Es gibt ein Restaurant mit japanischer Fusionsküche und ein italienisches, aber was auf den Teller kommt, bestimmen die Gäste letztendlich selbst.
Und übrigens auch wann. Denn natürlich gilt für die Küche derselbe Grundsatz wie für alles andere: wann und wo auch immer. Diese absolute Freiheit von Zeit und Wahl verdankt das Nautilus seinem Besitzer, dem maledivischen Visionär Ibrahim Umar Maniku. Auf seinen vielen Reisen hat es ihn – wie übrigens auch mich ganz oft – extrem gestört, dass er sich an das Hotel anpassen musste und nicht andersherum. Im Nautilus hat Maniku das daher einfach umgedreht. Hier passt sich das Hotel seinen Gästen an. Sogar an jeden Gast einzeln.
Natürlich ist das Essen hervorragend, die Gin- und Whisky-Auswahl ist die größte der Malediven, die Weine sind die besten der Welt, das Freizeitangebot ist riesig und die Mitarbeiter sind extrem freundlich, herzlich und zugleich angenehm zurückhaltend. Aber diese Freiheit von Zeit und Wahl, die ich hier erlebe, macht das Nautilus für mich zu einem wahren Ultra-Luxus-Resort.
Raths Reise-Rating
1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino
Insidertipps
Anreise: Lassen Sie sich von der Jacht abholen, das dauert zwar länger, ist aber entspannter, denn der Ultraluxus des Nautilus beginnt bereits an Bord mit Massage-Möglichkeiten und Champagner.
Für mich geht es weiter in das Patina Maldives, ebenfalls ein Ultra-Luxus-Resort. Während das Nautilus eine typisch maledivische Architektur mit viel Holz hat, ist das Patina eher jung und modern. Viel Grau, Weiß, Holz und vor allem klare Linien. Es ist eindeutig ein Lifestyle-Resort, gemacht für ein jüngeres Publikum, dem Design und Architektur wichtig ist. Entworfen wurde das Resort vom brasilianischen Architekten Marcio Kogan, der wollte, dass man sich im Patina wie mitten in der Natur fühlt.
Das ist ihm absolut gelungen, finde ich, vor allem bei den Villen, die rundherum Fenster haben. So hat man einen wunderschönen 360-Grad-Blick schon vom Bett aus, kann sich aber auch mit großen, grauen Vorhängen vor der Sonneneinstrahlung schützen. Blicke anderer Gäste muss man hier nicht befürchten, denn die Bungalows sind umgeben von Mangroven und bieten viel Privatsphäre. Sie stehen im Abstand von rund 30 Metern zueinander und haben neben einem 250 Quadratmeter großen Garten und einem eigenen Pool auch einen eigenen Zugang zum Strand.
Diese Größe von Villa, Garten und Resort ist ungewöhnlich. Aber hier kann man es sich leisten, denn die Insel selbst ist eine der größten der Malediven. Die schiere Weitläufigkeit ist wirklich toll. Man kann lange Strandspaziergänge machen, bis ins Ritz Carlton etwa, für das auf der Insel ebenfalls noch genügend Platz ist. Insgesamt nehmen die beiden Resorts nur 60 Prozent der Fläche ein. Der Rest der Insel ist Natur pur. Übrigens: Trotz Konkurrenzprodukt können die Gäste beider Resorts die Einrichtungen wie etwa die Restaurants des jeweiligen Nachbarresorts problemlos mit nutzen.
Jede Villa des Patina hat ihren eigenen Hausmanager. Für mich ist Jamin zuständig, ein Malediver, der hervorragende Arbeit leistet. Er kann alles, und wenn er es nicht kann, weiß er, wen er kontaktieren muss. Das erleichtert mir den Aufenthalt, denn dank dieses „one-stop-shop“, den Jamin darstellt, muss ich mich um nichts kümmern. Ich möchte einen Massage-Termin – Jamin macht ihn für mich aus. Morgen eine Tennisstunde? Jamin kümmert sich. Später einen Kaffee am Strand – Jamin bringt ihn mir. Alles klappt perfekt, und dabei ist er auch noch äußerst liebenswürdig.
Dass dieses Resort nicht nur mir gefällt, lerne ich auf dem Tennisplatz. Das Trainerteam erzählt mir ganz stolz, dass in der kommenden Woche Alexander Zverev kommt. Der Tennisprofi nutzt hier die Möglichkeit, sich zu entspannen und zu trainieren. Außerdem spielt er zweimal mit Gästen – gegen Bezahlung natürlich. Leider kann ich nicht auf den Tennisprofi warten, mich zieht es weiter.
Raths Reise-Rating
1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino
Insidertipps
In der Lobby des Patina kann jeder mal seine Lieblingsmusik auflegen und sich ganz wie zu Hause fühlen.
Kurz vor meiner Heimreise checke ich noch im Velassaru ein. Dieses Resort ist ein klassisches Luxushotel wie viele auf den Malediven, aber das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sensationell. Außerdem liegt das Resort nur 20 Minuten mit dem Boot vom Flughafen entfernt, sodass man sich die teure und lange Weiterreise nach dem Flug spart.
Das Velassaru gehört zwar zu den „Small Luxury Hotels of the World“, doch an manchem Luxus fehlt es hier in meinen Augen. Eine Lounge am Flughafen wäre zum Beispiel ganz schön. Statt Service zu bieten, werde ich an einen schmutzigen Tisch im Starbucks gesetzt, bis das Boot da ist, das mich auf die Insel bringt. Das hätte ich mir anders gewünscht.
Glücklicherweise muss ich aber nicht lange warten. Auf der Velassaru angekommen, finde ich die Zimmer ordentlich, frisch renoviert und mit Parkettboden versehen vor. Die Strandbungalows bieten viel Platz, manche haben sogar einen eigenen Pool. Natürlich bin ich von den beiden anderen Ultra-Luxus-Resorts, die ich davor besucht habe, ein wenig verwöhnt, aber manches läuft hier einfach nicht so rund, wie ich es gern hätte.
Ich habe schon einige Hotels auf den Malediven gesehen, und immer war es so, dass man bei Regen oder wenn die Wege zu weit sind, mit einem Golfcar abgeholt wird. Hier gibt es das nicht. Die mehr als schlechte Ausrede lautet, man dürfe das nicht mehr, weil es zu gefährlich sei. Ich laufe also im Regen zum Abendessen ins Restaurant. Und noch etwas macht mich geradezu sprachlos: Für den Tennispartner, den ich mir am zweiten Tag buche – es handelt sich dabei wohlgemerkt nicht um einen Trainer –, muss ich 105 Dollar pro Stunde bezahlen. So etwas habe ich noch nie erlebt.
Was mir hingegen gut gefällt, ist die Haltung der Küchenchefs. Am Buffet am Abend stelle ich mir eine Vorspeisenplatte mit kalten Meeresfrüchten zusammen. Mir ist aber eher nach etwas Warmem, und so bitte ich den Koch, mir das kurz durch den Wok zu ziehen. Er macht das mit großer Freude und bringt mir den Teller anschließend sogar hübsch angerichtet und mit einer frischen Sauce abgeschmeckt persönlich an den Tisch. Diese Einstellung, die ich beim Küchenchef und beim Kellner Shafan erkenne, hätte ich gern überall gesehen.
Raths Reise-Rating
1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino
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