Schloss Schauenstein und Casa Caminada: Genussrausch in der kleinsten Stadt der Welt

Unser Tester besucht das geschichtsträchtige Schloss in Fürstenau in der Schweiz – und wünscht sich, er könnte diesen ersten Besuch noch einmal erleben.

Schloss Schauenstein: Die reiche Historie des Hauses reicht bis ins Jahr 900 zurück. (Foto: Schloss Schauenstein)

Fürstenau. „Genusskraftort, Märchenschloss, Glückskönigreich“ titelt es auf der Website von Schloss Schauenstein. Ich finde, das trifft es auf den Punkt. Der Romantik, dem Genuss und der Herzlichkeit lässt sich hier in der Tat nicht aus dem Weg gehen.

Seit 20 Jahren empfangen Andreas Caminada und sein Team im Schloss Schauenstein in Fürstenau, der kleinsten Stadt der Welt, Gäste aus aller Welt. Im Laufe der Jahre haben sie es zu einem Ort der Gastlichkeit entwickelt. Die reiche Historie des Hauses reicht bis ins Jahr 900 zurück. Die Relikte der Vergangenheit, die stuckverzierten Decken, die alten Außenmauern und Kamine wurden durch eine moderne Einrichtung mit stilikonischen Lampen, klaren Linien und einer akzentuierten Dekoration ergänzt.

Worum es heute wirklich geht

Die heutige Kolumne wird sich im Kern aber weder um das Hotel Schloss Schauenstein noch um das Casa Caminada drehen, denn: Ich habe in meinem 35 Jahren in der Hotellerie, in denen ich die besten Restaurants der Welt besuchen durfte, noch keine spektakulärere Gastronomie als an diesem Ort erlebt. Dazu kommt die Menschlichkeit der Besitzer, die hier bei jedem Kontakt mit dem Team zu spüren ist.

Das Haus wird von der Familie Caminada geführt. Bekannt ist vor allem Andreas Caminada als einer von nur fünf Drei-Michelin-Sterne-Köchen der Schweiz. 2003 macht er sich selbstständig, wird Pächter und Chefkoch von Schloss Schauenstein. Ein Jahr später, 2004, erhält er bereits den ersten Stern. Zu diesem Zeitpunkt betreut er die Gäste mit der Unterstützung von nur vier Angestellten.

Casa Caminada: Seit 2010 mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet. (Foto: Schloss Schauenstein)

2010 erhält er drei Michelin-Sterne sowie 19 Gault-Millau-Punkte und hält sie bis heute. Eine Meisterleistung, vergleichbar mit einem Olympiasieg, der 13-mal in Folge verteidigt wurde. Es folgen Restauranteröffnungen in Bad Ragaz, St. Moritz, Zürich und Bangkok. Andreas ist für die Schweizer Gastronomie, was Roger Federer für den Tennissport ist. Mindestens genauso berühmt, beliebt und demütig für das, was er kann – für dieses unglaubliche Talent.

Ich empfinde ihn in jedem unserer Gespräche als bodenständig, aufrichtig und authentisch – genau wie seine Küche. Mit seinen Führungsqualitäten, mit über zehn Wochen Urlaub und modernen, flexiblen Arbeitsmodellen gelingt es ihm, die Besten der Besten nach Fürstenau zu holen. Die Zufriedenheit seines Teams, das im Laufe der Jahre auf 70 Personen angewachsen ist, spüre ich als Gast des Hauses bei jeder Interaktion.

Teamspirit: Andreas Caminada (r.) und Küchenchef Michael Skibba.Schloss Schauenstein (Foto: Schloss Schauenstein)

Andreas Caminada spricht davon, etwas zurückgeben zu wollen. Dafür hat er seine eigene Stiftung, mit der er seit 2015 junge Talente um die Welt schickt, um sie bezahlt auszubilden. Er ist weltoffen, hat in seiner Karriere viel gesehen. Und doch spürt man die Verwurzelung mit seiner Heimat Graubünden. Er kommt aus der Region, hat hier gelernt und ist mit seiner Arbeit im Schloss Schauenstein an diesen Ort zurückgekehrt. Mittlerweile betreibt er einen Bauernhof, legt großen Wert auf den lokalen Bezug der Lebensmittel.

Worum es heute wirklich geht

Als meine Begleitung beim Abendessen im Restaurant Schloss Schauenstein auf die Frage nach Unverträglichkeiten antwortet, sie habe Schwierigkeiten mit Meeresfrüchten, schaut der Kellner demütig, etwas verschmitzt, keinesfalls überheblich, und sagt: „Die schwimmen nicht im Hinterrhein, von daher werden Sie diese ohnehin nicht in unserem Menü finden.“ Alles ist lokal, maximal regional. Und so schmeckt die Küche auch. Verliehen wird ihr die Persönlichkeit, die auch bei jedem Kontakt mit Andreas Caminada und seinem Team zu spüren ist.

Ab und zu berichte ich auch über Gourmetrestaurants und traue mich an die komplexen Menüs, habe ich doch selbst mal eine Lehre in diesem Bereich gemacht. Doch was ich hier kulinarisch erlebe, wage ich nicht zu beschreiben. Das hier, das Menü im Schloss Schauenstein, übersteigt meine Möglichkeiten – ich kann es nicht besser veranschaulichen als mit einem Aufruf an Sie, liebe Leser: Fahren Sie nach Fürstenau, genießen Sie die liebevolle Perfektion – und: den Käse aus der Käserei aus dem Dorf, den eigens gerösteten Kaffee, das selbst gebackene Brot der hauseigenen Bäckerei.

Hauseigene Bäckerei: Das Brot kommt frisch aus dem Ofen. (Foto: Schloss Schauenstein)

Zum Abschied frage ich, ob ich ein Brot kaufen darf, damit ich noch lange von diesem Aufenthalt zehren kann und mich bei dem Geruch des frischen Kartoffelbrotes an dieses Erlebnis zurückerinnere. Geschenkt bekomme ich drei.

Ich bin begeistert, berichte vielen meiner Freunde aus der Branche von diesem einzigartigen Erlebnis, stifte sie an, es mir gleichzutun und nach Fürstenau zu kommen. Sie merken, ich komme aus dem Schwärmen nicht heraus. Abgesehen von der Küche ist die hier gelebte Menschlichkeit besonders bemerkenswert. Ich bewundere Andreas Caminada für all das, neide ihm nichts – na ja, vielleicht doch: sein einstelliges Golf-Handicap.

Raths Reiserating (aktuelle Wertung gefettet)

1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino

Insidertipps

Johanna Spyris Heidiwelt: Die Ausstellung befindet sich in Maienfeld, rund 30 Fahrminuten von Fürstenau entfernt, und ist der literarischen Figur Heidi gewidmet, die von der Schweizer Autorin Johanna Spyri geschaffen wurde.

Viamala-Schlucht: Eine beeindruckende Schlucht, die für ihre imposanten Felsformationen und historischen Wege sowie den Travestinersteig, eine 62 Meter lange Hängebrücke, bekannt ist.

Wintersport in Arosa: Eingebettet in die Bündner Alpen, lockt Arosa mit perfekt präparierten Skipisten, die sowohl für Anfänger als auch erfahrene Skifahrer und Snowboarder geeignet sind.

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