Das Fährhaus in Koblenz – ein Hotel an der Mosel, fast wie am Meer

Koblenz. Ich stehe auf den massiven Holzplanken der riesigen Panorama-Terrasse direkt oberhalb der Mosel – in Sichtweite: der Ort, der Koblenzer Stadtteil Güls mit dem Heyerberg, an dem ich viele Jahre meiner Jugend verbrachte. Der Blick schweift über den in der Frühlingssonne glitzernden Fluss, ich atme tief ein und denke zum ersten Mal seit Jahren: Wie schön ist es doch, wieder einmal in meiner Heimat zu sein.

Als Globetrotter bin ich – selten genug – mal wieder in Koblenz, der Zweiflüsse-Stadt an Rhein und Mosel – auf dem beschaulichen Fluss habe ich als kleiner Junge, etwas weiter flussaufwärts in Cochem, Wasserskifahren gelernt. Koblenz, wegen der geographischen Lage das Tor zum Oberen Mittelrheintal, wurde vor einigen Jahren von der UNESCO als Weltnatur- und -kulturerbe ausgezeichnet.

Kurfürstliches Schloss in Koblenz (Foto: Klaus Breitkreutz)

Die Region mit ihren unzähligen romantischen Burgen aus dem Mittelalter zieht weltweit immer mehr Besucher an. Hier mündet die Mosel am Deutschen Eck in den Rhein. Auch die Festung Ehrenbreitstein lohnt den Besuch, die größte Seilbahn nördlich der Alpen führt hinauf – die Aussicht auf Rhein und Mosel von hier oben ist fantastisch.

Koblenz an Rhein und Mosel (Foto: Klaus Breitkreutz)

An der Fähre 3 – die Anschrift verrät es: wo an der Mosel einst die Flussfähren anlandeten, steht heute das Hotel Fährhaus. Das alte Fährhaus am Stausee in Koblenz-Metternich – jahrzehntelang eine Restaurant-Institution in Koblenz – war irgendwann in die Jahre gekommen, wurde verkauft und 2016 schließlich abgerissen. Frank Gotthardt, milliardenschwerer Gründer des Koblenzer ehealth-Weltmarktführers CompuGroup Medical, hat an diesem besonderen Ort, den er als kleiner Junge schon immer liebend gern mit seiner Tante besuchte, ein veritables Vier-Sterne-Superior-Hotel – das „neue“ Fährhaus gebaut und 2019 eröffnet.

Hotel Fährhaus in Koblenz an der Mosel

Das Hotel ist eine gelungene Mischung aus Boutique- und Design-Hotel von zeitlos moderner Eleganz plus einen Touch Lifestyle geworden. Offenkundig haben darauf die vielen Besucher, der – spätestens seit der erfolgreichen Koblenzer Bundesgartenschau im Jahre 2011 wirtschaftlich und touristisch prosperierenden – drittgrößten Stadt in Rheinland-Pfalz gewartet. Die Auslastungszahlen, so hört man, sind deutlich über Branchenschnitt.

Das Fährhaus erinnert mich an ein auf Reede liegendes, kleines, feines Kreuzfahrtschiff. In den 37 Zimmern und 10 Suiten verbinden sich Komfort, Technik und eine irgendwie beruhigende Behaglichkeit. Das Interieur im ganzen Haus, elegant, aber auch wohltuend leger und lässig. Die Materialien überzeugen mich. Warm und haptisch angenehm: heimischer Schiefer, geräucherte dunkle Eiche, glänzendes Messing und handlackierte Holzoberflächen. Überall nehme ich fließende Übergänge und edle Hölzer aus dem Schiffsbau wahr, die an die Geschichte des Ortes hier am Fluss erinnern.

Sobald es jetzt täglich wärmer wird ist die große Hotel-Terrasse für Gäste, wie Einheimische, ein Lieblingsplatz – an warmen Abenden geht hier ohne frühe Reservierung gar nichts. Unten auf der Mosel wurde neben den Bootsstegen der Marina mit ihren kleinen Yachten und acht Bootsanlegeplätzen, eine schwimmende Lounge-Terrasse gebaut. An warmen Tagen und Nächten ein perfekter Ort um sich mit einem kalten Glas Champagner in der Hand fast wie am Meer zu fühlen.

Panoramablick auf die malerische Mosel

Und dann ist da natürlich noch die Fährhaus-Kulinarik. „Bei uns geht es nicht um weiße Tischdecken und steife Dresscodes, sondern um einen freundlichen, lockeren Rahmen und um Genuss und reinen Geschmack“, erzählte mir Küchenchef Frank Seyfried. Der motivierte, uneitle Koch hat im Fährhaus zwei Restaurants unter seiner Fittiche: Das „Landgang“ ist ganztägiger Treffpunkt für Hotelgäste und einheimische Besucher und das neue Gourmetrestaurant „Gotthardt´s“. Hier finden nur 18 Gäste Platz um aus einer kleinen feinen Karte mediterran-deutsche Speisen auszuwählen – a la carte oder mit bis zu 6-gängigen Menüs. Sommelier Steffen Mainz empfiehlt dazu am liebsten Weine aus der Rhein-Mosel Region. Die Atmosphäre mit bodentiefen Fenstern mit Blick auf die Mosel ist angenehm unkompliziert, der Service freundlich, aufmerksam und emphatisch geschult. Mir fällt so angenehm umsorgt spontan ein Zitat ein, das mir mal ein vielgereister Manager sagte: „Gastfreundschaft besteht nicht aus Zahlen, sondern aus Nächstenliebe“.

Das Fährhaus greift nach den Sternen

Seit einigen Wochen strahlt über dem „Gotthardt´s“ nun auch ein Michelin-Stern. „Es ist die höchste Anerkennung für unsere harte Arbeit und Detailverliebtheit“, sagt mir ein sichtlich stolzer Chef Frank Seyfried. Hinter dem gebürtigen Schwaben liegen diverse lehrreiche Stationen – unter anderem in Schloss Elmau. Auch Eike Gethmann, der ambitionierte junge Hoteldirektor, ist stolz auf den ersten Stern: „Es macht Spaß, wenn Ehrgeiz und das Streben nach Großem belohnt werden. Die Corona-Zeit hat es uns Gastronomen nicht leicht gemacht, doch wir haben unsere Vision immer im Blick behalten.“

Was mir vor allem draußen auf dem Terrassen-Deck, aber auch später auf meinem Balkon, erstmals richtig auffällt, ist die wohltuende Ruhe hier an der Mosel, im Unterschied zum durch dauertuckernde Schiffe und Güterzüge rund um die Uhr leider doch immer irgendwie lauten und unruhigen Rheintal.

In all den Jahren in denen ich in der Welt umher gereist bin, war – ich muss es zugeben – meine Heimatregion immer eine Diaspora der Luxushotel-Szene. Dieser Makel ist endgültig vorbei: das Fährhaus ist in kürzester Zeit, das ohne Zweifel beste Hotel in Koblenz und weiter Umgebung geworden. Ein idealer Ausgangsort, um die landschaftlichen und kulturellen Schönheiten der bundesweit oft noch unterschätzten Rhein-Mosel-Region zu erkunden. Dass es in diesem technikfreundlichen Haus auch diverse Tankstellen für Gäste mit Elektroautos gibt, versteht sich fast von selbst.

Künftig werde ich wohl häufiger hier im Fährhaus wohnen, wenn ich als Gastdozent und COO an der Universität Koblenz-Landau, bei Professor Dr. Matthias Gouthier – Direktor des Center für Service Excellence (CSE) – Vorlesungen über Innovation und Transformation im Bereich Service Excellence in der Hotel- und Gastronomiebranche halte.

Die Mosel: älteste Weinregion Deutschlands

Von Heimat-Gefühlen beschwingt lichte ich im Fährhaus die Anker und fahre die Mosel hoch Richtung Cochem und Trier. Erinnerungen kommen hoch: irgendwie hatte ich fast vergessen, wie schön es im Tal der Mosel ist. So leuchten hier im Frühling die Blüten des roten Weinberg-Pfirsichs im wunderbarsten rosa-violett. Die Blüte der kleinen Pfirsichbäumchen, auch Perseräpfel genannt (nach den Persern, die das Obst einst an die Mosel brachten), beginnt, den wärmespeichernden  Schieferböden der weltbekannten Weinhänge sei Dank, bereits im März und erreicht ihre volle Blüte Mitte April. Die Untermosel ist auch ein idealer Ausgangspunkt für abwechslungsreiche Wanderungen und Radtouren – entlang des Flusses, durch steile Weinberge, urige Wälder und romantische Weindörfer. Der Moselsteig führt über 24 Etappen und 248 km von Koblenz bis Perl.

Nach wenigen Kilometern erreiche ich vom Fährhaus aus den bekannten Weinort Kobern-Gondorf. Hier treffe ich Thomas Höreth, der einer alten Weinhändlerfamilie aus Franken entstammt und seine ungemein herzliche Frau Gudrun. Nach seinem Weinbaustudium kaufte er zwei kleine Weinberge in Winningen an der Mosel, bepflanzte sie mit Riesling und gründete sein Weingut Höreth. In vierzig Jahren schuf er mit seiner Frau aus einer über 1000 Jahre alten, halb verfallenen historischen Mühle in einem kleinen Seitental der Mosel einen wirklich außergewöhnlich stimmungsvollen Ort, fast wie im Märchen.

Alte Mühle Höreth in Kobern-Gondorf

Heute umfasst das Mosel-Weingut über 5 ha Weinberge auf denen Riesling, weißer und grauer Burgunder, Chardonnay, Früh- und Spätburgunder, Merlot und Cabernet Sauvignon angebaut werden. Da müssen sie hin!

Kleinod im Moseltal: Alte Mühle Höreth in Kobern-Gondorf

In den verwunschenen kleinen Häusern der Mühle geniesst man moselländische Gerichte nach uralten Rezepten, neu interpretiert. Wer z.B. noch nie Kartoffelkäse gekostet hat, hier sollte man die Spezialität unbedingt probieren. Die regionale, moselfränkische Küche des Restaurants und das kleine blitzsaubere Hotel der Alten Mühle sind mittlerweile (u.a. dank vieler prominenter Fans, wie einst Alfred Biolek, der die Höreth-Weine schon früh in seinen TV-Talkshows empfahl) weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt.

Piesport: vom Winzersohn zum Drei-Sterne-Koch

Piesport an der Mosel, Weinkenner wissen das, ist die Heimat der weltbekannten Weinlage Goldtröpfchen. Und das Zuhause von Thomas Schanz.

Drei Sterne-Koch Thomas Schanz (Foto: Ingo Hilger)

Seine Eltern bauen hier schon seit vielen Jahrzehnten Wein an. Angegliedert an das kleine Hotel Schanz ist der moderne Restaurantanbau mit 30 Sitzplätzen, viel Mosel-Schiefer, hellen Stoffen und Natur-Materialien. Schon ein Jahr nach der Eröffnung bekommt Schanz seinen ersten Michelin-Stern, 2015 den zweiten, und jetzt hat er mit erst 42 Jahren das erreicht, wovon heute jeder Koch mit Ambitionen nur träumen kann: Thomas Schanz gehört seit Anfang März zu den nur neun deutschen Drei-Sterne-Köchen. Meine Empfehlung unabhängig des Ess-Erlebnisses: Zeit nehmen für die informative Weinprobe mit hauseigenen mineralisch-fruchtigen Mosel-Weinen und Sekten in der gemütlichen Weinstube.


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